Auch in ihrem Ende ist die Geschichte des
Terroristen Anis Amri ein Stück aus dem Tollhaus des deutschen
Staates: Während gestern Morgen Meldungen über den Äther laufen, die
Sicherheitskräfte in Berlin gingen davon aus, dass sich der Tunesier
noch in der Hauptstadt befinde, liegt dieser mausetot in einem
Mailänder Leichenschauhaus.
All die Pannen, all das Versagen im Umgang mit einem
polizeibekannten „Gefährder“ sind schwer zu ertragen – vor allem für
die Angehörigen der Toten, denen immer stärker gewahr wird, dass das
Attentat auf den Berliner Weihnachtsmarkt hätte verhindert werden
können. Der marokkanische Geheimdienst hatte, wie gestern gemeldet
wurde, den BND schon vor Monaten vor Amri und dessen Plänen gewarnt.
Dass der meistgesuchte Mann Europas nach dem bislang schlimmsten
islamistischen Anschlag auf deutschem Boden unbehelligt das Land
verlassen konnte und seine „Duldungspapiere“ (wie konnte dieser Mann
hier überhaupt geduldet werden?) erst zwei Tage nach der Todesfahrt
im Führerhaus des Lkw entdeckt wurden, spricht ebenfalls nicht für
ein funktionierendes Strafverfolgungssystem.
Jetzt rufen ausgerechnet die Politiker nach Konsequenzen, die für
die chaotischen Zustände und die daraus resultierenden Pannen
mitverantwortlich sind. Als hätte es in den vergangenen Jahren nicht
genug Hinweise auf bevorstehende Anschläge in Deutschland gegeben;
als hätten Polizisten in großer Zahl nicht ihr Leid darüber geklagt,
dass sie von straffällig gewordenen Flüchtlingen ausgelacht werden,
denen sie direkt nach ihrer Festnahme wieder auf der Straße begegnen;
als gäbe es nicht genug Hinweise von Ermittlern, die über Hindernisse
bei der Kriminalitätsbekämpfung schimpfen. Wenn zum Beispiel
Standortdaten von Handys seit Einführung der Vorratsdatenspeicherung
nur vier Wochen gespeichert werden dürfen und Fahnder konstatieren,
die Politik habe sie im Jahr 2015 in die „ermittlungstechnische
Steinzeit versetzt“, dann läuft etwas gehörig schief in diesem Land.
Spätestens seit dieser Woche hat sich auch in Deutschland die Welt
verändert, und es gilt, endlich die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Dazu gehört, nicht länger gebetsmühlenartig darauf zu verweisen, dass
wir die richtigen Gesetze haben, diese nur richtig angewendet werden
müssen. Wo es – wie bei den Abschieberegeln – Lücken gibt, müssen
diese schnellstens geschlossen werden. Denn wie sollen wir unsere
Freiheit und unsere Werte verteidigen, wenn unsere Gesetze so
ausgelegt werden können, dass sie Täter wie Anis Amri schützen? Bernd
Loskant
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Bernd Loskant
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