Der Reflex ist ebenso verführerisch wie menschlich:
Jawoll, das haben unsere Politiker nicht besser verdient, dass ihr
Ansehen in der deutschen Öffentlichkeit noch weit hinter Managern am
Ende der Beliebtheitsrangliste der Berufsstände rangiert. Übrigens
auf demselben Niveau, auf dem ihre Berufskollegen im
dauer-skandalgeschüttelten Italien rangieren. Schließlich haben
Politiker aus allen Parteien auch hierzulande in der jüngsten Zeit
Steilvorlagen en masse geliefert, um ihr ohnehin schlechtes Image zu
untermauern: Hemmungsloses Abkupfern, um sich mit Doktorhüten zu
schmücken; arrogante Ignoranz, wenn sich der Bürgerprotest gegen ein
fragwürdiges Milliardenprojekt Bahn bricht; hilfloses Rudern im
Strudel der internationalen Finanzmärkte, die man erst blauäugig von
den Fesseln gelassen hat und jetzt nicht mehr einfangen kann; und
nicht zuletzt eine unglaubliche Wendigkeit, wenn das Fähnchen
plötzlich in den lauen Wind der grünen Energien gehängt wird, die man
noch wenige Wochen zuvor verteufelt hat. Doch bei aller berechtigten
Kritik: Eine derart vernichtende Bewertung hat zumindest das Gros
unserer Politiker nicht verdient. Es gibt in allen Parlamenten nach
wie vor redliche Sachwalter der Bürger- und Wählerinteressen. Und
auch wenn die Nachkriegszeit noch weit mehr Charakterköpfe und
profilierte Querdenker in die Abgeordnetenreihen gespült hat, als sie
heute dort neben all den angepassten Polit-Karrieristen zu finden
sind, so stellen sich für die Kärrnerarbeit in Kommunen, Ländern und
im Bund doch noch immer ausreichend viele und glaubwürdige Bewerber
zur Verfügung. Vergnügungssteuerpflichtig ist dieser Knochenjob dabei
in den seltensten Fällen – das sollten sich alle, die sich feixend
die Politikerschelte zum Hobby gemacht haben, hinter die Ohren
schreiben. Denn wer den Berufsstand pauschal verdammt, sorgt indirekt
dafür, dass ein möglicher neuer Adenauer, Schmidt, Strauß oder
Fischer vielleicht gar nicht erst in den Ring steigt. Also: Kontrolle
und Kritik müssen sein, aber alles mit Augenmaß. Sonst sinkt das
Niveau der verbleibenden Politiker tatsächlich noch so weit in den
Keller wie heute schon ihr Ansehen.
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Fuldaer Zeitung
Johannes Heller
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