FZ: „Schirm zu – es regnet“ / Kommentar der „Fuldaer Zeitung“ zu Griechenland/Euro / Freitagausgabe, 10. Juni 2011 /

Mark Twain hat einmal geschrieben: „Ein Bankier ist
ein Mensch, der seinen Schirm verleiht, wenn die Sonne scheint, und
ihn sofort zurückhaben will, wenn es zu regnen beginnt.“ Wie recht
der amerikanische Schriftsteller hatte, wurde gestern im Fall
Griechenlands deutlich: Deutsche Banken und Versicherungen flüchten
derzeit geradezu aus den Staatsanleihen des Pleitekandidaten. Dies
wäre aus Anlegersicht durchaus vernünftig – hätten die Herren Banker
nur den Mund nicht so voll genommen. Noch im Frühjahr 2010 hatten sie
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stolz zugesichert, sich
keinesfalls zurückzuziehen und so das erste Rettungspaket für
Griechenland zu stützen.

Ja, damals – als die Sonne noch so hübsch schien. Soll heißen: Als
die Geldinstitute keinerlei Risiko zu befürchten hatten, wenn sie den
Schrott behielten. Im Gegenteil: Sie kassierten prächtige Zinsen und
genossen für den Fall der Fälle den Vollkaskoschutz der Steuerzahler.
Ein Jahr später nun ist ein zartes Wölkchen am Himmel aufgetaucht:
Schäubles einfühlsames Pochen auf eine „weiche“ Umschuldung. Und
schwupp – weg ist er, der Schirm, mit dessen großzügigem Verleih sich
die Bankiers einst im Sonnenschein geaalt hatten.

Und Schäuble? Der steht jetzt dumm da. Und allein obendrein. Denn
außer ihm hält in Europa kaum jemand etwas von einer wie auch immer
gearteten Umschuldung Griechenlands. Die nun, da die privaten
Gläubiger abrücken, wohl auch nur noch in Reden gut klingen mag. In
der Praxis dürfte sie immer weniger bringen.

Bemerkenswert ist hierbei auch die Haltung der Europäischen
Zentralbank, die sich vehement gegen Umschuldungspläne zur Wehr
setzt. Wir erinnern uns: Die EZB hat eifrig griechische
Staatsanleihen aufgekauft – gegen den Protest des später
zurückgetretenen Bundesbank-Chefs Axel Weber. 75 Milliarden Euro
umfasst dieses „Investment“ mittlerweile. Wer wäre da nicht gegen
einen Schuldenschnitt? Und wer würde nicht neue Hilfen für den
Schuldner vom Steuerzahler fordern? Letzterer, das ist die bittere
Erkenntnis der vergangenen Monate, wird am Ende so oder so zahlen
müssen – entweder in Form drastischer Sparprogramme oder einer
galoppierenden Inflation.

So verwundert es allenfalls ein wenig, dass die Deutschen zwar
gegen unterirdische Bahnhöfe und oberirdische Stromleitungen auf die
Barrikaden gehen, nicht jedoch gegen überirdische
Milliardentransfers. Etwas mehr Bürgerwut der Zahlmeister wäre hier
durchaus angebracht.

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Fuldaer Zeitung
Manfred Schermer
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