Mark Twain hat einmal geschrieben: „Ein Bankier ist 
ein Mensch, der seinen Schirm verleiht, wenn die Sonne scheint, und 
ihn sofort zurückhaben will, wenn es zu regnen beginnt.“ Wie recht 
der amerikanische Schriftsteller hatte, wurde gestern im Fall 
Griechenlands deutlich: Deutsche Banken und Versicherungen flüchten 
derzeit geradezu aus den Staatsanleihen des Pleitekandidaten. Dies 
wäre aus Anlegersicht durchaus vernünftig – hätten die Herren Banker 
nur den Mund nicht so voll genommen. Noch im Frühjahr 2010 hatten sie
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stolz zugesichert, sich 
keinesfalls zurückzuziehen und so das erste Rettungspaket für 
Griechenland zu stützen.
   Ja, damals – als die Sonne noch so hübsch schien. Soll heißen: Als
die Geldinstitute keinerlei Risiko zu befürchten hatten, wenn sie den
Schrott behielten. Im Gegenteil: Sie kassierten prächtige Zinsen und 
genossen für den Fall der Fälle den Vollkaskoschutz der Steuerzahler.
Ein Jahr später nun ist ein zartes Wölkchen am Himmel aufgetaucht: 
Schäubles einfühlsames Pochen auf eine „weiche“ Umschuldung. Und 
schwupp – weg ist er, der Schirm, mit dessen großzügigem Verleih sich
die Bankiers einst im Sonnenschein geaalt hatten.
   Und Schäuble? Der steht jetzt dumm da. Und allein obendrein. Denn 
außer ihm hält in Europa kaum jemand etwas von einer wie auch immer 
gearteten Umschuldung Griechenlands. Die nun, da die privaten 
Gläubiger abrücken, wohl auch nur noch in Reden gut klingen mag. In 
der Praxis dürfte sie immer weniger bringen.
   Bemerkenswert ist hierbei auch die Haltung der Europäischen 
Zentralbank, die sich vehement gegen Umschuldungspläne zur Wehr 
setzt. Wir erinnern uns: Die EZB hat eifrig griechische 
Staatsanleihen aufgekauft – gegen den Protest des später 
zurückgetretenen Bundesbank-Chefs Axel Weber. 75 Milliarden Euro 
umfasst dieses „Investment“ mittlerweile. Wer wäre da nicht gegen 
einen Schuldenschnitt? Und wer würde nicht neue Hilfen für den 
Schuldner vom Steuerzahler fordern? Letzterer, das ist die bittere 
Erkenntnis der vergangenen Monate, wird am Ende so oder so zahlen 
müssen – entweder in Form drastischer Sparprogramme oder einer 
galoppierenden Inflation.
   So verwundert es allenfalls ein wenig, dass die Deutschen zwar 
gegen unterirdische Bahnhöfe und oberirdische Stromleitungen auf die 
Barrikaden gehen, nicht jedoch gegen überirdische 
Milliardentransfers. Etwas mehr Bürgerwut der Zahlmeister wäre hier 
durchaus angebracht.
Pressekontakt:
Fuldaer Zeitung
Manfred Schermer
Telefon: 0661 280-333
manfred.schermer@fuldaerzeitung.de
