Dem langen (Ver-)Schweigen folgte gestern die späte
Demut. Er sei nicht gradlinig gewesen, was ihm leid tue, verkündete
der Bundespräsident in einer knappen Rede ans Volk. Dieses hört die
Worte wohl – und speichert doch im Zusammenhang mit Christian Wulff
im Kopfe ab: Da war doch einmal was mit Krediten, da war doch was mit
Urlaubsreisen bei und mit Freunden. Nur was eigentlich genau?
Zumindest war – Stand gestern – juristisch nichts relevant; die
Staatsanwaltschaft Hannover hat alle entsprechenden Strafanzeigen
gegen das Staatsoberhaupt verworfen. Somit ist formal völlig in
Ordnung, dass der Bundespräsident an dem Amte sich festhalten möchte,
in das ihn die Bundesversammlung gewählt hat. Zumal der Niedersachse
mit jenem politischen Instinkt ausgestattet ist, der ihn wissen
lässt: Kommt jetzt noch irgendetwas, aber auch nur das Geringste ans
Licht, was er vielleicht hätte sagen sollen: Ein Bundespräsident
Christian Wulff wäre Geschichte. Doch ist die Weste des Niedersachsen
bereits wieder blütenrein weiß? Der „Spiegel“ fasst weiter nach, und
„Bild“ geht mit: So soll Wulff, wie gestern bekannt wurde, für seinen
privaten Hauskredit von der BW-Bank einen Zinssatz zwischen 0,9 und
2,1 Prozent erhalten haben – eben einen variablen Schnäppchensatz für
„gehobene Bankkunden“. Nehmen wir dem Bundespräsidenten ab, dass er
davon überzeugt ist, im Herzen rein und deshalb künftig unangreifbar
zu sein. Doch Glaubwürdigkeit erhält man nicht auf Knopfdruck, die
muss man sich erarbeiten – indem man Orientierung bietet und Vorbild
ist. Wulff scheint davon überzeugt, es zu schaffen. Dieser „Kredit“
sei ihm noch einmal gewährt, denn ihn „verdient“ jeder, der
wahrhaftig Reue zeigt. Doch Fakt ist: Wulff ist inzwischen ein
Bundespräsident unter Beobachtung.
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