Gauck missbilligt Neufassung von Stasi-Unterlagen-Gesetz / Weiterbeschäftigung von MfS-Mitarbeitern brachte „unendlich viele Kenntnisse“ / Jahn sieht jahrelanges Schweigen

Der ehemalige Bundesbeauftragte für die
Stasi-Akten, Joachim Gauck, hat die Neufassung des
Unterlagen-Gesetzes kritisiert. „Dass diese gesetzliche Regelung
tatsächlich von Abgeordneten durchgewunken worden ist, halte ich für
bedenklich“, sagte Gauck der taz.

Ein Passus in dem Gesetz soll es ermöglichen, dass sich die
Unterlagenbehörde von 45 bei ihr beschäftigten Ex-Stasi-Mitarbeitern
trennen kann. Nach der Verabschiedung in Bundestag und Bundesrat muss
die Novelle noch vom Bundespräsidenten unterzeichnet werden, damit
sie zum 1. Januar in Kraft treten kann.

Gauck hatte als erster Aktenbeauftragter vor 20 Jahren mehrere
Mitglieder des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS)
übernommen. Er sieht „keinen Grund diese Entscheidung infrage zu
stellen“. Der taz sagte er: „Um es mal ganz deutlich zu sagen: ein
Teil dieser Leute hat uns unendlich viele Kenntnisse gebracht.“

Dagegen will der seit März amtierende Unterlagen-Beauftragte
Roland Jahn durch die Neufassung des Gesetzes erreichen, dass er
Ex-Stasi-Mitarbeiter in andere Bundeseinrichtungen versetzen kann. Er
kritisierte, es sei „jahrelang nicht offen über die Beschäftigung
dieser Mitarbeiter gesprochen worden“.

Ihm gehe es nicht darum, ehemalige Stasi-Leute zu bestrafen, sagte
Jahn der taz. „Es geht darum, den Opfern der Staatssicherheit zu
helfen. Natürlich unter der Bedingung von Recht und Gesetz. Wer mich
kennt weiß, was für ein glühender Verfechter des Rechtsstaates ich
bin.“

Pressekontakt:
taz – die tageszeitung
Redaktion sonntaz
Johannes Gernert
Telefon: 030 259 02 – 190

Weitere Informationen unter:
http://