Die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag und die
Fraktion der Demokratischen und Republikanischen Linken der
französischen Assemblée nationale freuen sich, an der gemeinsamen
Sitzung der beiden Parlamente teilzunehmen, die am 22. Januar 2013 in
Berlin zusammengekommen sind, um den 50. Jahrestag der Unterzeichnung
des Elysée-Vertrags zu begehen. Dieser Vertrag, der auf Initiative
des Generals und Präsidenten der Französischen Republik, Charles de
Gaulle, entworfen wurde, markierte eine essentiell wichtige Etappe
der deutsch-französischen Beziehungen. Die ursprüngliche Intention de
Gaulles war es, sich mit dem Vertrag der Dominanz der USA zu
entziehen und einem politischen Schulterschluss zwischen den
Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland zu entgehen.
Indem de Gaulle mit dem Vertrag die Fundamente für eine
freundschaftliche Beziehung zwischen Frankreich und der
Bundesrepublik Deutschland legte, wollte der General zudem sich und
sein Land gegen jegliches Wiederaufleben der Geister des Revanchismus
und Militarismus in Deutschland wappnen. In diesem historischen
Zusammenhang unterzeichneten der Präsident Frankreichs und
Bundeskanzler Konrad Adenauer den Elysée-Vertrag am 22. Januar 1963.
Der Vertrag spielte eine wichtige Rolle für den Aufbau einer
stabilen Beziehung zwischen Frankreich und der Bundesrepublik
Deutschland. Er trug zum Prozess der Versöhnung zwischen den beiden
Völkern bei.
Vor dem Hintergrund der schweren Krise des kapitalistischen
Systems und des neoliberalen Wirtschafts- und Staatsmodells, das die
herrschenden Eliten Europas den 27 Mitgliedsländern der Europäischen
Union (EU) aufzwingen wollen, wollen die beiden linken Fraktionen an
einer Konsolidierung der deutsch-französischen Beziehungen mitwirken
– im Rahmen einer für beide Länder fruchtbaren Partnerschaft, die
andere Länder und Völker nicht ausschließt. Die Fraktionen beteiligen
sich auf der parlamentarischen Ebene am Kampf gegen die herrschende
Politik der Austerität. Sie wollen erreichen, dass die EU zukünftig
eine entscheidende Rolle bei der Erarbeitung alternativer
Entwicklungspfade zu einer Welt des Friedens und der Kooperation
spielt.
Beide Fraktionen haben der Initiative der Präsidenten der
Nationalversammlung und des Bundestages »Gemeinsame Erklärung aus
Anlass des 50. Jahrestages der Unterzeichnung des Elysée-Vertrages«
zugestimmt, obwohl der Wunsch, die Lehren aus der Finanzkrise
präziser zu beschreiben, keinen Eingang in den Text der Vereinbarung
fand. Aber für beide linke Fraktionen sind gerade diese Aussagen
zielführend in ihrer parlamentarischen und außerparlamentarischen
Arbeit: »Wir müssen die Lehren aus der schweren Finanzkrise ziehen,
um unsere Verantwortung gegenüber unseren Bevölkerungen in jeder
Hinsicht gerecht zu werden. Es gilt, Rassismus, Antisemitismus und
Neofaschismus konsequent entgegen zu treten. Eine nachhaltige Kultur
des Friedens, der Demokratie und der sozialen Sicherheit liegt im
Interesse der Bevölkerungen Frankreichs und Deutschlands.«
Die beiden Fraktionen haben es sich zur Gewohnheit gemacht,
zusammenzuarbeiten, um an ihren jeweiligen Wirkungsstätten am Aufbau
eines Europa des Friedens und des sozialen Fortschritts mitzuwirken:
Sie haben gemeinsame politische Positionen entwickelt und
verabschiedet. Am 1. Dezember 2011 brachten sie in der Assemblèe
nationale und im Deutschen Bundestag eine miteinander abgestimmte
parlamentarische Initiative zur Bekämpfung der Eurokrise und zur
Regulierung der Finanzmärkte in die Parlamente ein.
Die beiden Fraktionen stimmen in ihrer Einschätzung der Bedeutung
überein, die gemeinsame Arbeit, den politischen Austausch und die
parlamentarische Zusammenarbeit fortzusetzen und zu intensivieren.
Sie haben daher vereinbart,
– gemeinsame Aktionen und Initiativen gegen die Austeritätspolitik
der deutschen und französischen Regierungen durchzuführen;
– die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Konsequenzen der
Hartz-Gesetzgebungen auszuwerten und gemeinsam die Vorschläge
der französischen Regierung zur Steigerung der nationalen
Wettbewerbsfähigkeit (den »Gallois-Bericht«) zu evaluieren. Sie
entscheiden, sich an der Initiative zu den Folgen der Berichte
von Peter Hartz und Louis Gallois zu beteiligen, die im Februar
2013 in Paris stattfinden wird;
– sich im Rahmen von partnerschaftlichen Initiativen (zur
Bundestagswahl im September 2013, zu den Wahlen zum
Europaparlament 2014 und weiteren Initiativen) gegenseitig zu
unterstützen, mit dem Ziel, die öffentliche Meinung über die
gemeinsamen politischen Herausforderungen und Probleme in
Deutschland und Frankreich aufzuklären;
– einen regelmäßigen Informationsaustausch über die wichtigsten
parlamentarischen Initiativen und Gesetzesvorhaben
durchzuführen, die in den jeweiligen Parlamenten eingebracht und
debattiert werden, und sie vereinbaren nach Möglichkeit die
Einbringung gemeinsamer Anträge;
– ihren politischen Dialog über zentrale politische Themen –
insbesondere zu ökonomischen, geld- und fiskalpolitischen,
ökologischen und außenpolitischen Fragen – zu intensivieren, mit
dem Ziel gemeinsame Positionen zu entwickeln, wo immer dies
möglich ist;
– sich in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik und der
Rüstungskontrolle und Abrüstung eng miteinander abzustimmen. Sie
beziehen gemeinsam Position gegen die Illusion die Probleme der
Welt auch im Rahmen europäischer Missionen – mit militärischen
Interventionen lösen zu können. Frankreich und Deutschland haben
als mächtige Staaten in der Europäischen Union eine besondere
Verantwortung zur Beförderung des internationalen Friedens. Die
deutsch-französische Zusammenarbeit darf nicht in einem
europäischen Interventionismus resultieren, sondern muss stets
an der Entwicklung und Umsetzung von Strategien der zivilen
Konfliktbearbeitung ausgerichtet sein. Dies gilt auch für den
aktuellen bewaffneten Konflikt in Mali.
– sich in geeigneter Form vor jedem Gipfeltreffen des Europäischen
Rates gemeinsam zu beraten;
– Arbeitskontakte zwischen den Stiftungen der
Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Gabriel-Périe-Stiftung zu
befördern, damit beide Parlamentsfraktionen von der
wissenschaftlichen Tätigkeit der Stiftungen profitieren und
einen besseren Einblick in die jeweiligen Reflexionen und
Debatten gewinnen. Dies gilt insbesondere für die große
Bandbreite der Themen- und Interessenschwerpunkte, die die
deutsch-französischen Beziehungen betreffen;
– im Juni jeden Jahres eine Bilanz über die Arbeit der
deutsch-französischen Kooperation zwischen beiden Fraktionen zu
ziehen und für das jeweils kommende Jahr politische Arbeits- und
Kooperationsschwerpunkte zu entwickeln. Sie streben darüber
hinaus jährliche Treffen zur Vertiefung ihrer Beratungen und
ihrer Kooperation an.
André Chassaigne
Fraktionsvorsitzender der Fraktion der Demokratischen und
Republikanischen Linken in der Assemblée nationale
Dr. Gregor Gysi
Fraktionsvorsitzender der Bundestagsfraktion DIE LINKE
Berlin, den 22. Januar 2013
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