Ein Kommentar von Beate Kranz
Wenn es um die Einhaltung von Regeln geht, können manche Deutsche
richtig streng sein. Zumindest wenn es um das Wohlverhalten anderer
geht. So machte es Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble jüngst zur
Bedingung für weitere Hilfszahlungen, dass die neue griechische
Regierung zunächst eine verbindliche Zusage für den weiteren Sparkurs
gibt. Geht es um die Ordnung im eigenen Land gelten offenbar andere
Maßstäbe. Obwohl Deutschland dieses Jahr mit die höchsten
Steuereinnahmen erwartet und die Wirtschaft kräftig wächst, hat es
die Bundesregierung nicht geschafft, die Neuverschuldung auf Null
zurückzufahren. Erst recht nicht wurde mit dem Abtragen des
Schuldenbergs begonnen, der sich auf gut zwei Billionen Euro
summiert. Wann aber, wenn nicht in konjunkturell guten Zeiten sollte
mit dem Lösen von Problemen begonnen werden? Deutschland hat hier mal
wieder eine Chance vertan, seinen Haushalt durch Subventionsabbau und
Ausgabensenkungen zu konsolidieren – und so mit gutem Beispiel in der
Euro-Schuldenkrise voranzugehen. Wenngleich Deutschland sich am Markt
noch mit günstigen Krediten versorgen kann, bleibt der Schuldenstand
besorgniserregend. Ablesbar ist dies an den hohen Zinszahlungen, die
längst der zweitgrößte Kostenposten im Bundesetat sind. Geld, das
sehr viel sinnvoller ausgegeben werden könnte. Für 2012 wäre
drastisches Sparen dagegen fehl am Platz. Angesichts eines nur
schwachen Wachstums darf das zarte Pflänzchen Konjunktur nicht
kaputtgespart werden. Um langfristig glaubwürdig zu bleiben, muss
aber auch Deutschland wieder Grundregeln einhalten. Erst Recht jene
des Maastricht Vertrags, der einst als Garant für die Stabilität des
Euro galt. Traurig, aber wahr: Nach diesen Maßstäben würde
Deutschland heute noch nicht mal in die Euro-Zone aufgenommen werden.
Pressekontakt:
HAMBURGER ABENDBLATT
Ressortleiter Meinung
Dr. Christoph Rind
Telefon: +49 40 347 234 57
Fax: +49 40 347 261 10
christoph.rind@abendblatt.de meinung@abendblatt.de
Weitere Informationen unter:
http://