Ein Kommentar von Egbert Nießler
Ängste haben eine wichtige Schutzfunktion. Sie bewahren uns vor
unüberlegten oder riskanten Handlungen. Dabei müssen sie nicht
rational begründet sein. Oft sind es einfach das Unbekannte oder das
vermeintlich Unbeherrschbare, die Furcht einflößen. Das belegt auch
die neue Angststudie der R+V Versicherung. So haben 60 Prozent der
Deutschen Angst vor Naturkatastrophen, obwohl die Gefahr von
Erdbeben, Vulkanausbrüchen oder Tsunamis in unseren Breiten
überschaubar ist. Aber nur 18 Prozent fürchten ein Scheitern ihrer
Partnerschaft, obwohl doch ein Drittel aller Ehen in Deutschland
geschieden wird. Ängste sind aber aus sich heraus real, unabhängig
von statistischen Wahrscheinlichkeiten oder tatsächlichen Bedrohungen
und müssen deshalb ernst genommen werden. Ganz oben auf der
Bedrohungsliste der Bundesbürger stehen Euro-Krise und steigende
Lebenshaltungskosten. Das sind reale Szenarien – aber keine
unabwendbaren, schicksalhaften Naturereignisse. Es liegt also an den
Politikern, ob sie Befürchtungen verstärken oder Wege in eine
wirtschaftlich gesunde Zukunft aufzeigen wollen. Denn trotz Krise ist
der Euro besser als sein derzeitiger Ruf. Er hat nicht zuletzt
Deutschland einen Wirtschaftsboom beschert, und die Teuerungsrate ist
statistisch um ein Vielfaches geringer als die gefühlte. Und Teuerung
hätte es natürlich auch gegeben, wenn wir die D-Mark behalten hätten,
vielleicht noch mehr als mit dem Euro. Das Beispiel der Schweiz
zeigt, dass auch eine zu starke Währung die Wirtschaft gefährden und
die Preise in die Höhe treiben kann. Angst kann nicht nur schützen,
sondern auch lähmend wirken. Aber wer gelähmt ist, erreicht
schwerlich seine Ziele. Verantwortungsvoller Umgang mit Ängsten
minimiert deshalb nicht nur Risiken, sondern löst auch Blockaden.
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