2. Aktuar-Frühstück bei RGA: Was deutsche Versicherer von den Problemen des australischen Invaliditätsmarkts lernen können.
Köln, 4. November 2014 – Deutsche Lebensversicherer müssen Veränderungen im Invaliditätsmarkt äußerst risikobewusst und vorsichtig angehen. Das sich rapide verschlechternde Invaliditätsgeschäft in Australien hat in den Bilanzen der Versicherer und Rückversicherer seit 2011 deutliche Spuren hinterlassen. Zur deutschen Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) gibt es hier durchaus Parallelen, die eine Auseinandersetzung mit dem Thema notwendig machen. Das war der Anlass für das zweite Treffen „Aktuare zum Frühstück“, das der Lebensrückversicherer RGA heute im Hard Rock Café Köln veranstaltet hat.
Dr. Klaus Mattar, Managing Director der RGA International Reinsurance in Deutschland, gab mit seinem Vortrag „Invaliditätsversicherung: 5 nach 12 in Australien – 5 vor 12 in Deutschland?“ Impulse für die Diskussion.
Auswüchse im australischen Markt
Australien ist gemessen an der Versicherungsdurchdringung einer der größten Invaliditätsmärkte der Welt. Seit 2011 haben sich die Ergebnisse zunehmend verschlechtert, insbesondere die des Gruppengeschäfts. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Zum einen drückten konjunkturelle Einflüsse wie die Finanzkrise das Geschäft. Andererseits entwickelten und kombinierten die Lebensversicherer immer neue Produktmerkmale wie hohe Dynamiken und Nachversicherungsgarantien, Zusatzleistungen, lebenslange Leistungen oder mit dem Lebensalter steigende Prämien. „Jeder Marktteilnehmer wollte seinen Anteil von dem schnell wachsenden Markt abbekommen“, so Mattar. „Die Angebote übertrafen sich, bis die Blase geplatzt ist.“
Drei Gebote für deutsche Invaliditätsversicherer
Der deutsche Markt kann aus der australischen Marktentwicklung einige Lehren ziehen, so die Teilnehmer des Aktuar-Frühstücks. Denn auch hierzulande sei der kommerzielle Druck im BU-Segment spürbar. In der Diskussion kristallisierten sich drei wichtige Aspekte heraus:
Kalkulation mit gesicherten Daten: „Versicherer arbeiten bei dynamischen Produktkonzepten teilweise mit unzureichenden Daten und Ressourcen“, erklärt Mattar. „Die Profitabilität sieht temporär gut aus, kann aber auf Dauer nicht getragen werden.“
Marktentwicklung und Trends im Blick behalten: Im Fokus jedes Anbieters muss die Marktübersicht stehen: Aus- und Weiterbildung, Wissensaustausch innerhalb der Unternehmen, eine vernünftige Datenkalkulation und immer ein offenes Auge für aktuelle Bewegungen und Trends seien unabdingbar. Die Disziplinen Aktuariat, Risikomanagement und Leistungsprüfung müssten dafür noch enger zusammenarbeiten.
Innovationen einführen, ohne Bewährtes über Bord zu werfen: „Wichtig ist, dass bewährte Produkte und Konzepte auch beibehalten werden. Wer mehrere Trends kombinieren will und viele kleine Änderungen an seinen Produkten vornimmt, schafft in der Summe doch starke Veränderungen. So wird die Produktwelt immer intransparenter – das Ergebnis sind (zu) hohe Leistungen, die auch höhere Inzidenzen und niedrigere Reaktivierungen nach sich ziehen“, sagt Mattar.