Köln. Die Ermittlungspannen im Fall des
islamistischen Attentäters Anis Amri reißen nicht ab. So übt der Chef
des Landeskriminalamts NRW Frank Hoever nach Informationen des Kölner
Stadt-Anzeigers in einem internen Bericht an das Innenministerium
massive Kritik an seinen Ermittlern. Sein Tenor: Schlampige
Ermittlungen, „eine unzureichend geschulte Ermittlungskraft, zu
geringer Personaleinsatz“ hätten dazu geführt, dass die Auswertung
der Daten aus einem beschlagnahmten Handy des Terroristen „durch das
LKA NRW nicht vollumfänglich, gründlich und zeitgerecht erfolgt“
sei. So seien gut 10 000 Dateien und Bilder von schlechter Qualität
gar nicht erst geprüft worden. „Eine vollumfängliche Datenauswertung“
sei aber „dringend geboten gewesen“, heißt es in dem LKA-Report.
Schließlich, resümiert Hoever, hätten sich bei einem neuerlichen
Einsatz der modifizierten Auswertungssoftware namens UFED
„gegebenenfalls neue Erkenntnisse für Strafverfolgung und/oder
Gefahrenabwehr ergeben können.“ Übersetzt legt dieses Fazit nahe,
dass man bei einer neuerlichen Prüfung womöglich den Lkw-Anschlag
Amris am 19. Dezember 2016 auf den Weihnachtsmarkt am
Breitscheidplatz hätte verhindern können. Im Kern zielt die Kritik
des neuen LKA-Präsidenten auf die fehlerhafte Analyse eines neun
Monate zuvor konfiszierten Mobiltelefons des tunesischen
Asylbewerbers ab. Die Terrorfahnder der Ermittlungskommission
„Ventum“ hatten Selfies von Amri mit Schusswaffen oder Stichwaffen
entweder übersehen oder schlichtweg keine Bedeutung zugemessen. So
waren nach Informationen dieser Zeitung bereits bei der ersten
Auswertung zwei Aufnahmen entdeckt worden, die Amri mit einer Machete
nebst dem erhobenen linken Zeigefinger zeigen. Letzteres gilt auch
als Zeichen für eine mögliche Mitgliedschaft bei der Terror-Miliz
„Islamischer Staat“ (IS). Auf dem zweiten Bild schwingt der militante
Islamist das große Messer im Beisein eines Glaubensbruders. Die
Ermittler aber maßen dieser martialischen Pose keine Bedeutung zu.
LKA-Chef Hoever bewertet die damalige Fehldeutung in seinem
elfseitigen Bericht „als defizitär“. Zumal die Polizeibehörden Amri
bereits zu jener Zeit als islamistischen Gefährder eingestuft hatten.
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