Die zuständige Koalitionsarbeitsgruppe von Union und
FDP will den anderen Fraktionen des Bundestages direkt nach der
Sommerpause einen Vorschlag für eine Wahlrechtsreform unterbreiten
und dabei weiter Überhangmandate vorsehen. Das stellte der
stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Günter
Krings, in Aussicht. „Wir wollen föderale Ausgewogenheit herstellen“,
sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Donnerstag-Ausgabe). „Das ist
mit der völligen Abschaffung von Überhangmandaten nicht zu
vereinbaren.“ Der Parlamentarische Geschäftsführer der
FDP-Bundestagsfraktion, Jörg van Essen, erklärte: „Das
Bundesverfassungsgericht hat Überhangmandate nicht verboten, sondern
nur die so genannte negative Stimmengewichtung.“ Er betonte
allerdings, dass die großen Parteien ein größeres Interesse an
Überhangmandaten hätten als die kleineren, die gar keine bekämen. Im
Übrigen hätten alle bisher in der Koalitionsarbeitsgruppe
diskutierten Modelle Nachteile. Ganz generell sei die
Entscheidungsfindung „nicht leicht. Es gibt kein ideales Modell“, so
van Essen. Das Bundesverfassungsgericht hatte das geltende Wahlrecht
mit seinen Regelungen zu Überhangmandaten bereits im Juli 2008 für
verfassungswidrig erklärt und eine Reform bis spätestens 2011
angemahnt. Nach Ansicht der Verfassungsrichter können die
Überhangmandate aufgrund des sogenannten „negativen Stimmengewichts“
zu „willkürlichen Ergebnissen“ führen. Dies bewirke, „dass der
Wählerwille in sein Gegenteil verkehrt wird“. Überhangmandate
entstehen bei Bundestagswahlen immer dann, wenn eine Partei mit den
Erststimmen in einem Bundesland mehr Direktmandate erringt, als ihr
nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen. Da diese Mandate nicht mit
denen in anderen Ländern verrechnet werden, kann das im Einzelfall
dazu führen, dass eine Partei umso mehr Übergangmandate erhält, je
weniger sie relativ Zweitstimmen erzielt.
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