Köln. Alt-Bundespräsident Christian Wulff hat als
Konsequenz des rechtsextremistischen Nagelbomben-Anschlags in der
Kölner Keupstraße vor zehn Jahren einen neuen Umgang mit Bürgern
ausländischer Herkunft gefordert. „Viele meinen, wenn sie –wir´
sagen, nur Menschen ohne Migrationshintergrund. So, als würden
Menschen mit Migrationshintergrund nicht richtig dazugehören. Doch
wir gehören zusammen“, schreibt Wulff in einem Beitrag für den Kölner
Stadt-Anzeiger“ (Samstag-Ausgabe). Verallgemeinerungen wie „die
Türken“ oder „die Muslime“ seien unzulässig, so Wulff weiter. „Was
wir heute sind, haben wir alle miteinander geschaffen. Aus diesem
Miteinander entsteht unser deutsches ,Wir´.“ Die Vielfalt einer
offenen Gesellschaft sei der beste Garant für Frieden, Wohlstand und
Entwicklungschancen, fügte Wulff hinzu. „Ziehen wir gemeinsam die
Lehren aus dem Leid, das der NSU in unser Land getragen hat, und
stellen wir sicher, dass unser Deutschland ein vielfältiges, offenes
Land ist.“
Der NSU-Terror habe ihn „schockiert und aufgewühlt“, schreibt
Wulff. Gleiches gelte für das Versagen der Ermittlungsbehörden bei
der Aufklärung. Allerdings habe auch er selbst sich „im Nachhinein
ertappt“, dass er in der Frage nach Motiven für die Verbrechen „die
Theorie der Kriminalität unter Ausländern leichtfertig durchaus für
plausibel gehalten habe“. Nach Gesprächen mit den Angehörigen der
Opfer sei er darum „zutiefst beschämt“ gewesen. Zum zehnten
Jahrestag des Anschlags rief Wulff alle Demokraten auf
zusammenzustehen. „Wenn das Leben von Mitmenschen in unserer
Gesellschaft bedroht wird, wenn Menschen verfolgt und ausgegrenzt
werden, gefährdet das unsere Demokratie.“ Sorgen machten ihm nicht
nur die Extremisten, „sondern auch bereits diejenigen, die Vorurteile
schüren, die verächtlich und pauschal über andere sprechen, die
Intoleranz hoffähig machen. Auch das dürfen wir nicht zulassen.“
Wulff hatte sich in seiner Amtszeit als Bundespräsident 2010 bis
2012 besonders für die Integration stark gemacht und in diesem
Zusammenhang gesagt, der Islam gehöre zu Deutschland. Wegen seines
Einsatzes genießt das frühere Staatsoberhaupt unter Migranten und
deren Vertretern bis heute hohes persönliches Ansehen. Nachdem die
Verantwortung der rechtsextremen Terrorzelle NSU für eine vor allem
gegen Türken und Griechen gerichtete Mordserie bekannt geworden war,
darunter auch der Bombenanschlag vom 9. Juni 2004 im stark türkisch
geprägten Kölner Stadtteil Mülheim, traf sich Wulff mit Opfern und
Hinterbliebenen und initiierte ein nationales Gedenken.
Zehn Jahre nach dem Anschlag in der Keupstraße in Köln-Mülheim
werden dort an Pfingsten bis zu 100.000 Besucher zu einem Kunst- und
Kulturfest erwartet. Unter dem Motto „Birlikte“ (Türkisch:
Zusammenstehen) soll es an die Opfer der rechtsextremistischen
Terrorzelle NSU erinnern und ein Zeichen der Solidarität von Bürgern
mit und ohne Migrationshintergrund setzen.
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