Kommentar / Koalition der Willigen als Antwort auf Habeck = Von Birgit Marschall

Es ist für Europa beschämend, dass auf seinem Boden
Zehntausende Flüchtlinge unter menschenunwürdigen, elenden Bedingungen hausen.
In den Lagern auf den griechischen Inseln drängen sich 40.000 Menschen, das
Fünffache der Kapazität, und täglich werden es mehr. Viele sind unbegleitete
Kinder, die allen Gefahren ausgesetzt sind, die in solchen Lagern vorstellbar
sind. Berichtet wird von einer zunehmend explosiven Stimmung, von wachsenden
gesundheitlichen Problemen.

Eine solche Situation dürfen die EU und ihre Mitgliedsländer nicht weiter
dulden. Grünen-Chef Habeck weist zu Recht darauf hin. Er fordert Deutschland
auf, zuerst die Verletzlichsten, die Kinder, aus den Flüchtlingslagern zu holen.
Ihm den Vorwurf einer „reinen PR-Aktion“ zu machen, wie der FDP-Politiker
Kubicki, ist zynisch. Die EU, Deutschland und Griechenland müssen Barmherzigkeit
beweisen.

Und doch wäre es falsch, wenn die Bundesregierung jetzt ihren Kurs verließe. Das
Risiko, eine neue Flüchtlingsbewegung auszulösen, wenn Migranten sehen, dass sie
aus griechischen Lagern wieder leichter nach Deutschland kommen, ist nicht zu
unterschätzen. Deutschland hat sich daher zur Aufnahme von Flüchtlingen nur
innerhalb einer „Koalition der Willigen“ bereit erklärt. Einen Alleingang hat es
zu Recht ausgeschlossen, denn eine neue Bewegung könnte die politische
Stabilität auch in Deutschland gefährden.

Das Vorangehen einer Staatengruppe ist daher der einzig gangbare Weg, nachdem
Polen, Ungarn und andere sich jeder Aufnahme von Flüchtlingen verweigern. Es ist
die Aufgabe der neuen EU-Kommission, diese Koalition rasch zu schmieden und die
Flüchtlinge fair auf diese Staatengruppe zu verteilen. In der Zwischenzeit muss
die EU mehr effektive Hilfe leisten, um die Zustände in Griechenland zu
verbessern.

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