Krankenunterlagen – Richtiges Vorgehen bei Einsichtnahme in die Patientenakte

Euskirchen – Kommt es während oder nach einer ärztlichen Behandlung zu Komplikationen, stellt sich aus Sicht des betroffenen Patienten oder seiner Angehörigen oftmals die Frage, ob die hierdurch hervorgerufenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen schicksalhaft oder möglicherweise Folgen eines ärztlichen Fehlers sind.

In der Regel liegen dem Patienten keine näheren Informationen über die Behandlung vor, da er beispielsweise während einer Operation üblicherweise nicht bei Bewusstsein ist. In einem solchen Fall sollte zunächst Einsicht in die anlässlich der Behandlung gefertigten Krankenunterlagen genommen werden. Diese ersten Informationen beantworten bereits folgende Fragen: Wie ist der Arzt bei der Behandlung vorgegangen ist? Welche Medikamente wurden verabreicht? Welche Befunde wurden erhoben? Wer war an der Behandlung beteiligt?

Einige Punkte sollten Patienten noch wissen und bei ihrer Vorgehensweise beachten:

1. Grundsätzlich ist der Arzt zur Verschwiegenheit verpflichtet. Er hat jedoch dem Patienten Einsicht in seine Krankenunterlagen zu gewähren, und zwar auch außerhalb eines Rechtsstreits ohne Darlegung eines besonderen Interesses. Angehörige oder Dritte haben nur dann ein Recht zur Einsichtnahme, wenn der Arzt von dem Patienten ihnen gegenüber von der Schweigepflicht entbunden wurde.

Die Schweigepflicht des Arztes gilt auch über den Tod des Patienten hinaus. Der Erbe kann nur Einsicht in die Krankenunterlagen verlangen, soweit dies nicht dem Willen des Verstorbenen widerspricht. In der Regel ist zumindest von einer mutmaßlichen Einwilligung des verstorbenen Patienten auszugehen.

2. Der Patient ist grundsätzlich berechtigt, die Originale einzusehen. Er hat aber keinen Anspruch darauf, dass ihm die Originale ausgehändigt werden. Es bietet sich an, Kopien der Krankenunterlagen anzufordern. Dies gibt dem Patienten die Möglichkeit, die Krankenunterlagen selber eingehend zu studieren und sie gegebenenfalls einem Gutachter vorzulegen.

Der Arzt ist verpflichtet, Kopien gegen Kostenerstattung zu fertigen.

Die Angemessenheit der Kostenerstattung orientiert sich am Gerichtskostengesetz. Danach betragen die Auslagen für die Ablichtung von Dokumenten für die ersten 50 Seiten je 0,50 €, für jede weitere Seite 0,15 €. Zu übernehmen sind auch die Kosten für den Versand der Krankenunterlagen. Weitere Kosten, z.B. eine Bearbeitungsgebühr, sind nicht zu erstatten.

Die Überprüfung der Krankenunterlagen auf ihre Vollständigkeit hin ist einem medizinischen Laien in der Regel nicht möglich. Man sollte sich daher in jedem Fall vom Arzt die Vollständigkeit der Krankenunterlagen schriftlich bestätigen lassen.

Der Arzt ist dazu verpflichtet, die Krankenunterlagen 10 Jahre lang aufzubewahren. Die Erfahrung zeigt aber, dass die Unterlagen häufig sehr viel länger aufgehoben werden. Auch wenn die Behandlung mehr als 10 Jahre zurückliegt, kann es sinnvoll sein, die Unterlagen anzufordern.

3. Zu Problemen kann es kommen, wenn im Verlauf der Behandlung Röntgenaufnahmen gefertigt wurden. Deren Herausgabe wird häufig unter Hinweis auf die Röntgenverordnung verweigert. Diese verpflichtet den Arzt zur Aufbewahrung der Röntgenbilder. In einer Entscheidung aus dem Jahr 2007 hat jedoch das Landgericht Flensburg (GesR 2007, S. 576) deutlich gemacht, dass die Röntgenverordnung in erster Linie die Vermeidung einer Mehrfachbelastung des Patienten durch Röntgenstrahlen bezweckt. Die Röntgenverordnung verbiete nicht die Herausgabe von Röntgenaufnahme an den Patienten. Dieser müsse die Möglichkeit haben, die Aufnahmen selber einzusehen und diese Dritten – z.B. einem Rechtsanwalt – vorzulegen.

4. Sollte sich der Arzt auf Dauer weigern, die Krankenunterlagen herauszugeben, kann Auskunftsklage erhoben werden, mit dem Ziel einer Verurteilung des Arztes auf Herausgabe der Krankenunterlagen in Kopie gegen angemessene Kostenerstattung. Der Patient kann eine solche Klage – vorausgesetzt, der Arzt wurde mehrfach vergebens um Übersendung der Krankenunterlagen gebeten – nicht verlieren.

Zu beachten ist, dass die Einsichtnahme in die Krankenunterlagen in der Regel positive Kenntnis verschafft. Dies bedeutet konkret, dass die dreijährige Verjährungsfrist von Schadensersatzansprüchen mit der Einsichtnahme in Gang gesetzt wird.

Interessenten können unsere Expertin, die Patientenanwältin Astrid Maigatter-Carus, unter folgenden Kontaktdaten zur Klärung aller Fragen zu diesem Thema erreichen:

Interessierte Betroffene oder Angehörige können darüber hinaus weitere Informationsschriften zum Thema Behandlungsfehler und Behinderung kostenfrei anfordern.