Lausitzer Rundschau: Alles außer Machtwechsel? Zu den Landtagswahlen in Stuttgart und Mainz

Zwei Landtagswahlen werden dieses politische
Wochenende prägen. Die eine bei den Pfälzern scheint eher ein Fall
für die Statistiker zu werden – Kurt Beck wird aller Voraussicht nach
weiter das tun, was er am liebsten macht, im nächsten Karneval wieder
von Amts wegen die Prinzessinnen küssen dürfen und zwischendurch die
Weinköniginnen. Der abgehalfterte Ex-Vorsitzende der SPD hat
angesichts der politischen Großwetterlage nicht viel zu befürchten,
da geht es ihm wie Matthias Platzeck, seinem Vorgänger in Potsdam,
der auch beweist, dass der Sturz in die bundespolitische
Bedeutungslosigkeit noch lange nicht das Ende aller Landesvaterträume
bedeutet. Was aber an diesem Sonntag in Baden-Württemberg zur Wahl
steht, hat weit über die Landespolitik an Rhein und Neckar hinaus
Gewicht. Die Badener, mehr noch die Schwaben, gelten als knickrige
Leute. Und sie waren seit der Gründung des gemeinsamen Landes im Jahr
1952 auch tatsächlich überaus sparsam im Politikwechsel. Die CDU
regiert in Stuttgart seit 58 Jahren, die FDP war bislang immer im
Landtag und zumeist auch im Kabinett. Das ökonomisch erfolgreichste
Bundesland ist das Argument überhaupt dafür, dass die CDU etwas mehr
versteht als andere vom sinnvollen Wirtschaften und Wohlstand
garantiert. Sollte es dort also tatsächlich zu einem Machtwechsel
kommen, so würde dies die Christdemokraten im Kern treffen. Deswegen
auch sind Spekulationen darüber, dass Angela Merkel nach einer
Niederlage sehr wohl und vielleicht sogar unbeschwerter in Berlin
weiter regieren könnte, auch fehl am Platz. Denn mit einer womöglich
gar grün angeführten Landesregierung in Baden-Württemberg steht der
Kanzlerin ein Gegenmodell an Politik ins Haus, dem sie derzeit nicht
gewachsen ist. Das bisschen Pazifismus in Sachen Libyen und die
Dreimonats-Nachdenklichkeit in Sachen Atom konkurriert dann mit ganz
anderen Gewichten als nur der waidwunden Sozialdemokratie. Und wenn
es für die CDU schon eng wird, so wird es für die Liberalen
erdrückend. Sollte sich die FDP auf den Oppositionsbänken oder gar im
außerparlamentarischen Aus befinden, so droht ihr nicht nur im
liberalen Stammland ein gnadenloser Überlebenskampf. Es spricht also
vieles dafür, dass mit dem von den Demoskopen erwarteten Ende von
Schwarz-Gelb in Stuttgart nicht nur ein politisches Erdbeben
einhergeht, sondern auch ein Tsunami folgt, der weitreichende Folgen
hat. Voraussetzung dafür bleibt allerdings etwas, was sich derzeit
noch nicht richtig vorstellen lässt: Dass es für einen soliden
Machtwechsel selbst nach fast sechs Jahrzehnten nicht der
Beherrschung des Hochdeutschen bedarf.

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