Lausitzer Rundschau: Besser ohne Zorn Zum Berufungsurteil gegen die russische Band Pussy Riot

Wer Wladimir Putins Politik in den vergangenen
zwölf Jahren beobachtet hat, den kann das Berufungsurteil gegen Pussy
Riot nicht überraschen. Echte Einsicht hat der Kremlchef noch nie
gezeigt. Die Freilassung einer der drei jungen Frauen ändert daran
nichts. Putins Russland ist alles andere als ein Rechtsstaat. Die
Entscheidungen in wichtigen Prozessen fallen im Kreml, nicht im
Gerichtssaal. Und Wladimir Putin hat sich nach den Massenprotesten
des Winters und seiner wenig überzeugenden Wiederwahl im März dazu
entschlossen, der Opposition mit Härte zu begegnen. Der Westen sollte
sich genau überlegen, wie er mit diesem Russland dauerhaft umgehen
will. Am Dienstag die Fertigstellung der Ostsee-Pipeline zu feiern,
um am Mittwoch das Unrechtsurteil gegen die Punk-Damen zu kritisieren
– das passt nicht zusammen. Der gedankenlose Pragmatismus der
Putin-Freunde im Westen ist ebenso fehl am Platze wie der
missionarische Eifer der Putin-Hasser. Denn auch dies hat das
Pussy-Verfahren gezeigt: Zorn kann blind machen. Die Wut jener, die
sich über die Prozess-Farce empören, ist nachvollziehbar. Bei all dem
sollte aber nicht übersehen werden, dass die Frauen bei ihrem
skandalösen Auftritt in der Kathedrale die Grenzen des guten
Geschmacks weit überschritten und religiöse Gefühle verletzt haben.
Wer das widerwärtige Mohammed-Video aus den USA zu Recht kritisiert,
sollte darüber im Fall Pussy Riot nicht ohne Weiteres hinweggehen.

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