Lausitzer Rundschau: Ende der Ignoranz Zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse

Ob die russische Ärztin hier als Putzfrau
arbeitete oder der türkische Ingenieur als Taxifahrer –
jahrzehntelang hat das niemanden interessiert. Hätten ja nicht nach
Deutschland kommen müssen, dachte man. Nun wendet sich das Blatt. Nun
beginnt man diese Leute zu umwerben. So wie man inzwischen auch
anfängt, über die frühe Auslese älterer Mitarbeiter nachzudenken,
über die zu hohe Zahl von Frauen, die den Beruf nach dem Kind
abbrechen müssen, weil es an Betreuungsmöglichkeiten fehlt, über die
20Prozent Migrantenkinder, die keinen Abschluss haben, weil
der Förderunterricht nicht klappt. Jetzt wird nach und nach das
ganze vorhandene Potenzial mobilisiert, denn in Deutschland beginnen
die Fachkräfte knapp zu werden; in einigen Regionen wie
Baden-Württemberg oder Bayern herrscht schon akute Not in den
Betrieben. Der Gesetzentwurf des Bundes zur Anerkennung
ausländischer Berufsabschlüsse zeigt, wie schnell und pragmatisch es
gehen kann, wenn ökonomische Zwänge die Feder führen. Und man muss
keine Sorge haben, dass die Bundesländer, die für einen anderen Teil
der Berufe zuständig sind, nicht nachziehen werden. Selbst CSU-Chef
Horst Seehofer wird dies wollen; er muss nur in die Wirtschaft seines
Freistaates hineinhören. Es ist ein sehr einfaches, entschlossenes
Gesetz. Und gerade in seiner Einfachheit macht es deutlich, wie
ignorant diese Gesellschaft bisher mit dem Thema umgegangen ist – vor
allem mit den betroffenen Menschen. Eine Ärztin als Putzfrau, ein
Ingenieur als Taxifahrer? Sie hätten ja nicht nach Deutschland kommen
müssen.

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