Lausitzer Rundschau: Etikettenschwindel Weimarer Dreieck trifft sich in Warschau

Das Weimarer Dreieck ist tot – lang lebe das
Weimarer Dreieck! Nach dieser Devise haben Angela Merkel, Nicolas
Sarkozy und Bronislaw Komorowski eine neue Zeitrechnung ihrer
Zusammenarbeit eingeläutet. So jedenfalls hätten es die Staatenlenker
gern. Und auch das nur offiziell. Tatsächlich ist längst nicht
ausgemacht, dass das deutsch-französisch-polnische Dreieck eine
Zukunft hat. Was kann das Bündnis leisten, das nicht besser gleich in
Brüssel besprochen würde? Verfechter des Formats reden gern vom neuen
europä- ischen Motor. Was Berlin und Paris früher als Duo ins Rollen
bringen konnten, bewege sich heute nur noch, wenn Warschau als
Vertreter des Ostens zugeschaltet werde. Das klingt gut, und daran
ist auch einiges wahr. Die Politikansätze in Paris, Berlin und
Warschau liegen in vielen Bereichen weit auseinander. Man denke nur
an den Streit über die Agrarpolitik oder die Energieversorgung. Eine
enge Abstimmung kann manchen Sprengstoff früh entschärfen. Doch
bedarf es dazu der Marke „Weimar“? Kaum. Der Erfolg einer
koordinierten deutsch-polnisch-französischen Politik hängt
zuallerletzt von einem Gipfeletikett ab. Entscheidend ist der Wille
der handelnden Personen und ihrer Regierungen. Wie es nicht
funktioniert, haben die Beteiligten beim jüngsten EU-Gipfel
demonstriert. Merkels und Sarkozys Konzept für eine europäische
Wirtschaftsregierung fiel bei mehreren EU-Staaten durch. Polen
gehörte an vorderster Front dazu. Wo war er da, der Geist von Weimar?
Zu viele Köche verderben den Brei. Zu viele Gipfelformate verwässern
die Politik. Merkel und Sarkozy wissen das und hegen weit weniger
Enthusiasmus für das Dreieck als Komorowski, der sich im eigenen Land
profilieren will. Laut sagen mag das freilich niemand. Das Treffen in
Warschau hatte im Grunde nur ein Gutes. Polens nationalistische
Kaczynski-Zwillinge hatten das Dreieck einst torpediert. Die
Neuauflage lässt sich deshalb als Signal verstehen: „Seht her, wir
wollen miteinander statt gegeneinander handeln.“ Dies zu zeigen, war
wichtig. Über kurz oder lang aber sollten die Dreieckspartner das
Format beerdigen oder auf die zivilgesellschaftliche Kooperation
zusammenstreichen.

Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de