Lausitzer Rundschau: Nach oben offen Spitzenliberale für steuerliche Mehrbelastungen

Was für eine politische Metamorphose! In den
vergangenen Jahren schöpfte die FDP ihre Daseinsberechtigung
ausschließlich daraus, kräftigen Steuersenkungen das Wort zu reden.
Als die Verschuldungskrise immer größer wurde und die meisten
Menschen deshalb immer weniger Verständnis für das Ansinnen der FDP
aufbrachten, rühmte sich die Partei nur noch, Steuererhöhungen
verhindern zu wollen. Doch spätestens seit dem Wochenende ist aus
dieser Haltelinie eine nach oben offene Richterskala geworden. Mit
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Birgit Homburger haben sich
gleich zwei prominente Liberale mehr oder minder unverblümt für eine
fiskalische Kehrtwende ausgesprochen. Die Freidemokraten stehen also
kurz vor der Ankunft in der Realität. Letzter Auslöser für den
Sinneswandel ist zweifellos die Kritik am schwarz-gelben Sparpaket.
Man muss kein Anhänger von SPD, Grünen oder der Linkspartei sein, um
zu erkennen, dass die verkündeten Maßnahmen an einer sozialen
Schieflage kranken. Eine moderate Anhebung des Spitzensteuersatzes
wäre da schon von psychologischem Gewicht, um zu zeigen, dass es auch
gerechter geht. Der Vorsatz, den Mehrwertsteuerdschungel so rasch wie
möglich zu lichten, ist ebenfalls löblich, auch wenn es sich dabei um
eine versteckte Ankündigung von Steuererhöhungen handelt. Denn warum
zum Beispiel Babywindeln dem vollen Mehrwertsteuersatz unterliegen,
aber Trüffel oder Rennpferde nur dem ermäßigten, kann niemand
schlüssig erklären. Die liberale Metamorphose ist freilich erst
komplett durchlaufen, wenn bei dieser Gelegenheit auch die gesenkte
Mehrwertsteuer für Hoteliers wieder fällt. Was das für die
Glaubwürdigkeit der FDP und übrigens auch der CSU bedeutet, müssen
beide Parteien mit sich ausmachen.

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