Lausitzer Rundschau: Offene Flanke Kanzlerkandidat Steinbrück bittet SPD um „etwas Beinfreiheit“

Da sind Buh-Rufe zu hören gewesen, als der
designierte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück auf dem Parteitag der
NRW-SPD um „etwas Beinfreiheit“ bat. In Nordrhein-Westfalen kennt man
Steinbrück nur allzu gut, die Genossen wissen, was ihr ehemaliger
Ministerpräsident darunter versteht: Inhaltlich lässt er sich vor
kaum einen innerparteilichen Karren spannen. Das Prinzip Steinbrück
beruht vielmehr darauf, dass die Partei ihm konsequent folgt und
nicht umgekehrt. Genau das könnte Steinbrück zum Verhängnis werden
bei seinem langen Lauf bis zur Bundestagswahl. Für die SPD muss es
schließlich vor allem darum gehen, in den nächsten Monaten jene
Wähler zurückzugewinnen, die sie durch den Agenda-Prozess an die
Linke oder an das Lager der Nichtwähler verloren hat. Steinbrück ist
dafür nicht der richtige Mann, denn das Herz der Enttäuschten schlägt
meist links. Parteichef Sigmar Gabriel wird diese Flanke abdecken
müssen, damit Steinbrück sich „etwas Beinfreiheit“ nehmen und seinen
Politikstil vertreten kann. Erinnerungen werden da an eine anderes
Duo wach: 1998 war Gerhard Schröder der Modernisierer und Oskar
Lafontaine für die Gemütslage der Partei zuständig. Das hat damals
gut funktioniert. Steinbrück und Gabriel sind bei dieser
Arbeitsteilung aber noch lange nicht angelangt. Das Aufgabensplitting
wird auch deshalb dringend notwendig sein, weil der politische Gegner
versuchen wird, einen Keil zwischen Kandidat und Partei zu treiben.
Wobei die streitfreudige SPD dies womöglich selbst erledigen wird.
Auch das können Steinbrück und Gabriel nur gemeinsam verhindern –
ansonsten wird der Kandidat gegen Merkel kaum Chancen haben.

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