Schluss mit der großen Koalition. Nach dieser 
erfrischend klaren Ansage steht die SPD zweifellos vor einem tiefen 
politischen Einschnitt. Das schwarz-rote Regierungsbündnis hat die 
einst so stolze Partei auf Zwergenmaß geschrumpft. Vor allem im Osten
der Republik. Und gemessen am Anspruch, Volkspartei zu sein, sicher 
auch gesamtdeutsch. Nun sucht die SPD ihr Heil also in der 
Opposition. Doch das allein kann noch keine Lösung sein für die 
vielen Nöte, die die Partei mit sich herumschleppt. Erforderlich ist 
eine klare inhaltliche Neuausprägung – und längerfristig eine 
Machtoption, eine reale Alternative jenseits der Union. Gefühlt war 
die SPD eine halbe Ewigkeit mit der Merkel-CDU verbandelt. Aber der 
Eindruck täuscht. Bereits zwischen 2009 und 2013 gab es eine Phase 
der Opposition. Doch ließ die Partei sie praktisch ungenutzt 
verstreichen. Ergebnis: Am Wahltag vor vier Jahren hatte sich die SPD
gerade einmal von 23 auf 25,7 Prozent „hochgearbeitet“. Ein 
politisches Armutszeugnis. Merke: In der neuen Rolle der Opposition 
zu alter Stärke zurückzufinden, ist längst kein Automatismus. Was 
also bleibt zu tun? Um ihre existenzielle Krise zu überwinden, müsste
die Partei wieder für größere gesellschaftliche Schichten attraktiv 
werden. Der klassisch sozialdemokratisch geprägte Industriearbeiter 
ist in einer zunehmend digitalisierten Wirtschaft immer seltener zu 
finden. Dafür gibt es immer mehr Studierte und junge Selbstständige, 
aber auch viele Abgehängte. Die größte Herausforderung besteht darin,
für diese sehr verschiedenen Gruppen eine sozialdemokratische 
Erzählung zu finden, eine eingängige Botschaft, die die vielfältigen 
Einzelinteressen auf sozialdemokratische Weise bündelt. Diese 
Erzählung kann nur lauten: Mehr Gerechtigkeit, mehr Chancengleichheit
und mehr Durchlässigkeit der sozialen Schichten. Begünstigend dabei 
dürfte sein, dass sich die Union in einem möglichen Jamaika-Bündnis 
konservativer ausrichten muss. Auf diese Weise können die politischen
Alternativen wieder deutlicher werden. Auch machtpolitisch ist die 
SPD in einer schwierigen Lage. Eingezwängt zwischen der AfD und den 
Linken die Oppositionsbänke zu drücken, ist kein Vergnügen. Doch 
diese Konstellation hat auch eine interessante Kehrseite: Weil die 
AfD als politischer Ansprechpartner ausscheidet, ist Rot-Rot geradezu
verdammt zur parlamentarischen Kooperation. Dafür sorgt schon die 
Geschäftsordnung des Bundestages. Zur Durchsetzung wichtiger 
Minderheitenrechte braucht es nämlich eine Zustimmung von mindestens 
25 Prozent der Abgeordneten. Das heißt ganz praktisch: Nur im 
Zusammenspiel mit den Linken könnte die SPD zum Beispiel einen 
parlamentarischen Untersuchungsausschuss erzwingen oder eine 
Sondersitzung des Bundestages.
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