Lausitzer Rundschau: Ungelöste P-Fragen Zum politischen Jahresauftakt der Linkspartei

Einen Mangel an Selbstbewusstsein kann man der
Linkspartei nicht nachsagen. Als „Motor politischer Veränderungen“
hat sich ihre Führungsspitze beim politischen Jahresauftakt in Berlin
inszeniert. Nahezu wortgleich war auch schon ein Strategiepapier
überschrieben, das die Parteizentrale vor gut zwei Monaten in die
Öffentlichkeit gebracht hatte. Damals nahm jedoch kaum jemand Notiz
davon. Das hat Gesine Lötzsch nun zweifelsfrei korrigiert. Ein paar
bizarre Betrachtungen über den Kommunismus genügten, um der Partei
eine Aufmerksamkeit zu bescheren, die sich aber noch als schwere
politische Hypothek erweisen könnte. Vorwärts und schnell vergessen,
lautet jetzt die Devise ihrer Chefs. Dabei ist Lötzschs unbekümmerter
Ausflug in die stalinistische Vergangenheit nur ein Indiz für die
zwei ungelösten P-Fragen der Linkspartei: Personal und Programm.
Lange Zeit schien der linke Höhenflug unaufhaltsam zu sein. Doch mit
den Wahlerfolgen in den alten Bundesländern wuchsen auch die inneren
Widersprüche. Im Osten ist die alte PDS schon lange eine Volkspartei.
Und das nicht wegen ihrer revolutionären Töne, sondern durch
pragmatische Politik. Im Westen hat sich die Linke dagegen zum
Sammelbecken frustrierter Radikaler entwickelt. Sichtbarer Ausdruck
ist eine nach jedem Strömungsproporz austarierte Parteiführung von
Klaus Ernst bis Sahra Wagenknecht, die zu allem fähig ist, nur nicht
zum Führen. So ist die Partei in den vergangenen Monaten nur mit sich
selbst beschäftigt, was auch seine abschreckende Wirkung auf
potenzielle Bündnispartner, nicht verfehlte. Damit macht sich die
Linke ihre Erfolge kaputt. Kein Wunder, dass ihre gesamtdeutsche
Politikfähigkeit zunehmend in Zweifel steht. Ihren Jahresauftakt hat
die Linkspartei jedenfalls gründlich vermasselt. Mit Lobeshymnen auf
kommunistische Utopien lassen sich Wähler eher verlieren als
gewinnen. Nötig sind praktikable Konzepte für die Gegenwart und eine
Führung, die sie überzeugend vermittelt. Darüber können auch
politische Schauveranstaltungen nicht hinweg täuschen.

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