Der Umgang der DDR-Staatsführung mit dem
Tschernobyl-Unglück dürfte auch dem letzten Nostalgiker die Illusion
rauben, in der vermeintlichen Diktatur des Proletariats habe der
Mensch im Mittelpunkt gestanden. Jeder sorgende Vater, jede Mutter
wird dies bestätigen: Wer seinen Kindern im Wissen um die Gefahren
radioaktive Milch und andere verseuchte Lebensmittel serviert, ist
ein Verbrecher. So zeigt das Beispiel aus dem Bezirk Cottbus, dass
sich die eingeweihten Politiker nicht um die Gesundheit ihrer Bürger
scherten. Alle Bedenken ordneten sie ihrer sektiererischen Ideologie
unter, und wer ihre Allmacht öffentlich anzweifelte, galt als
Verräter an der Sache des Kommunismus. Insofern spricht auch die
Devise des damaligen Fernseh-Einpeitschers Karl-Eduard von Schnitzler
Bände, er könne kurz nach dem Tschernobyl-Desaster Entwarnung geben.
Entwarnung? Vielmehr gilt dieses Beispiel als Warnung vor Ideologen
aller Art. Wer den Eindruck vermittelt, die eine große Wahrheit für
sich gepachtet zu haben, dem ist nicht zu trauen. Die DDR-Funktionäre
nahmen für ihre große Wahrheit in Kauf, dass Kinder tot zur Welt
kamen, dass ihr Volk an Krebs und Leukämie erkrankte. Der Mensch?
Galt ihnen nichts.
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