Rund 9000 Kilomter Luftlinie liegen zwischen
Fukushima und Stuttgart – nicht genug, um den Einfluss der
Tsunamiwelle auf die deutsche Politiklandschaft zu verhindern. In
gewisser Hinsicht ist es also Schicksal – es wäre dem Verlierer der
Wahl in Baden-Württemberg, Stefan Mappus, nicht einmal übel zu
nehmen, wenn er in den vergangenen Tagen in einer stillen Stunde so
gedacht haben sollte. Denn wäre die Tsunami-Welle ein paar Wochen
später auf das Atomkraftwerk von Fukushima getroffen, also nur einen
Wimpernschlag der Erdgeschichte später – die Landtagswahlen wären
anders ausgegangen. Es kam aber wie es kam, und so wird bald
eintreten, was auch ohne den Grünen-Hype mit zeitlicher Verzögerung
eingetreten wäre. Kernkraft als auslaufende Brückentechnologie – das
war schon vor Fukushima Konsens unter den Parteien, allein über das
Wie und Wann gab es deutlichen Dissens. Das klare Wählervotum für
eine ökologischere Politik in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz
wird nun das Handeln der schwarz-gelben Koalition in Berlin bestimmen
und den Ausstieg aus der Atompolitik beschleunigen. Dabei stehen
einige besonders klug und andere besonders dumm da. Wer vor dem
Japan-Unglück die Sicherheit deutscher Kernkraft beschworen und die
Verlängerung der Laufzeiten befürwortet hatte, dem geht es jetzt
nicht mehr gut. CDU und FDP bekamen die schlechten Ergebnisse nicht,
weil sie in der Bundesregierung mit der Abschaltung von sieben
Atomkraftwerken eine halbwegs gute Notbremsung hinlegten. So oder so
ähnlich hätte dies auch eine anders gefärbte Bundesregierung getan.
Das Problem ist, dass die Wähler den Regierungsparteien nicht
abnehmen wollten, es mit der Kehrtwende auch ernst zu meinen. CDU und
FDP stecken in einer Glaubwürdigkeitsfalle und es ist nicht
abzusehen, dass sie dort halbwegs schnell wieder herauskommen. Das
gilt mit Abstrichen auch für Rheinland-Pfalz, wo die CDU zwar ein
glückliches Gesicht macht, tatsächlich aber nur wenig dazu gewinnen
konnte und eines ihrer schlechtesten Ergebnisse in dieser Region
eingefahren hat. Ganz anders sieht es bei den Grünen aus: Keine
Partei kann derart authentisch ihre Positionen zur Atomkraft
vertreten wie die Öko-Partei. Ausgerechnet die einstige Jugendpartei
kann nun von sich behaupten, es schon immer gewusst zu haben.
Schlecht geht es hingegen der SPD, auch wenn sie in Rheinland-Pfalz
weiter- und in Baden-Württemberg mitregieren darf. Sie hat ein
ähnliches Problem wie die CDU: Der Wähler weiß nicht so recht, für
oder gegen was diese Partei steht. Und das hat nicht nur mit der
Katastrophe in Japan zu tun.
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