Lausitzer Rundschau: Welthistorischer Paukenschlag Zur Rücktrittsankündigung von Papst Benedikt XVI.

Es ist ein Paukenschlag der Weltgeschichte: Papst
Benedikt XVI. hat seinen Rücktritt angekündigt. Eine Entscheidung,
die es so seit 800Jahren nicht mehr gab. Eine Entscheidung,
von der alle Experten überrascht waren – aber auch eine Entscheidung,
die das katholische Kirchenoberhaupt offenbar gut vorbereitet hat:
Der Besuch am Grab von Coelestin V., die Erhebung seines Sekretärs
Georg Gänswein zum Erzbischof und die Berufung des Regensburger
Erzbischofs Georg Ludwig Müller als Chef der Glaubenskongregation
erscheinen nun in einem neuen Licht. Der Papst hat in den vergangenen
Monaten sein Haus bestellt. Doch mit den Worten Benedikts hat am
Montag niemand gerechnet. Zu unglaublich, zu absurd erschien die
Vorstellung, der deutsche Gelehrte auf dem Stuhle Petri würde so wie
ein ferner Vorgänger sein Amt niederlegen. Und doch hat er es getan.
Aus Motiven, die Respekt verlangen und aller Ehre Wert sind. Benedikt
fühlt sich alt und schwach, will die Führung des „Schiffleins Kirche“
in jüngere Hände legen. Er fühlt sich dem Amt nicht mehr gewachsen
und hat erkannt, dass ein Anderer auf dem Stuhle Petri für die Kirche
möglicherweise besser wäre. So viel Selbsterkenntnis hat man selten.
Sicher steht dem Papst aus Bayern dabei auch das Ende seines
Vorgängers vor Augen: Stumm, fast schon als lebender Toter spendete
Johannes Paul II. seinen letzten Segen am Fenster des Vatikan. Ein
Leiden bis zum letzten Atemzug hätte der Tradition zufolge auch
Benedikt gedroht – doch das passt nicht zu einem Intellektuellen, wie
es der Papst aus Bayern war. Lieber tritt er freiwillig ab und
reformiert damit die Kirche. Denn die Konsequenzen, die das Handeln
Benedikts für die Zukunft des Papstamtes haben wird, sind noch gar
nicht absehbar. Eine ganze Generation kannte als Papst im Prinzip nur
Johannes Paul II., doch nun wird deutlich: Auch das Papstamt ist
abgebbar, Neubesetzungen sind möglich. Gerade auch, wenn die Kirche
in einer Krise steckt. Und davon kann in diesen Tagen durchaus die
Rede sein: Missbrauch und Piusbrüder, das Wegsterben und Weglaufen
der Gläubigen im Kernland Europa, die immer größeren Differenzen
zwischen katholischer Lehre und der Realpolitik. Es waren schwere
Aufgaben, vor denen Benedikt XVI. in den vergangenen Jahren stand –
doch gelöst hat er sie nicht. Die katholische Weltkirche war in
seiner Amtszeit eher noch skandalumrankter als unter seinem
Vorgänger. Immer wieder zeigte Benedikt eklatante Führungsschwäche,
sei es bei der chaotischen Rehabilitierung des Holocaust-Leugners
Richard Williamson, sei es bei der Art und Weise, in der er mit
seiner Karfreitagsfürbitte oder seiner Regensburger Rede Juden und
Muslime verärgerte. Ganz anders dagegen war Benedikt in seiner
Theologie: Ein brillanter Denker, dessen millionenfach verkaufte
Jesus-Bücher, die auch Menschen, die der Kirchen fern standen, zu
einer Beschäftigung mit den jahrtausendealten Überlieferungen des
Christentums anregten. Doch mit seinem Rücktritt zeigt Benedikt XVI.
vor allem Größe. Eine Größe, die mancher Andere nicht hat. Benedikt
tritt zurück, obwohl es ihm niemand nahegelegt hat. Wie oft haben
sich in den vergangenen Jahren und Monaten Politiker an ihr Amt
geklammert, bis selbst der berühmte Blinde mit dem Krückstock sehen
konnte, dass eigentlich schon alles verloren war. Benedikt hat aus
recht verstandener Verantwortung eine einmalige Entscheidung
getroffen. Eine Entscheidung, für die er Anerkennung und Respekt
verdient.

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