Die russischen Luftangriffe in Syrien sollten 
niemanden überraschen. Die Signale der vergangenen Tage deuteten 
bereits klar in diese Richtung, insbesondere die demonstrativen 
Waffenlieferungen an das Assad-Regime.  Mehr noch: Die gesamte 
russische Außenpolitik folgt spätestens seit der Annexion der 
ukrainischen Krim vor anderthalb Jahren den Gesetzen der 
Militarisierung. Dabei geht es Kremlchef Wladimir Putin auch im 
aktuellen Fall nur in zweiter oder dritter Linie um den Krieg in 
Syrien selbst. Natürlich kann es den Mächtigen im Vielvölkerstaat 
Russland mit seinen starken muslimischen Minderheiten nicht egal 
sein, wenn im Nahen Osten Staaten zerfallen und der IS ein potenziell
expansives Terrorregime errichtet, für das auch der Kaukasus ein Ziel
sein könnte. Dennoch: Putin lässt in Syrien aus demselben Grund die 
Muskeln spielen, aus dem er Soldaten und Waffen in die Ukraine 
geschickt hat. Wichtigstes Ziel des Kremls ist es, imperiale Stärke 
zu demonstrieren. Putin macht daraus auch gar keinen Hehl. Vor den 
Vereinten Nationen hat er am Montag offen erklärt, dass er dabei ist,
die Weltmacht USA herauszufordern. In Wirklichkeit ist diese 
Strategie ein beängstigendes Zeichen der Schwäche. In Wirklichkeit 
ist Russland selbst ein Krisenstaat wie Griechenland, nur unrettbar 
groß. Putin hat es seit seinem Amtsantritt vor 15 Jahren versäumt, 
sein Riesenreich zu modernisieren und wirtschaftlich zu stärken. Nun 
droht der Koloss auf seinen tönernen Füßen eher früher als später 
zusammenzubrechen. Aus dieser Schwäche heraus greift Putin zum Säbel 
und rasselt, so laut er eben kann. Das Wissen um diese Hintergründe 
macht die Sache für den Westen allerdings nicht leichter. Niemand in 
Berlin, Brüssel oder Washington hat eine Idee, wie der mit Berechnung
irrlichternde Putin wieder eingefangen werden könnte. Schlimmer noch:
In diesen Tagen wird immer klarer, dass es dem Westen dramatisch an 
eigener Stärke und vor allem an einer weltpolitischen Strategie 
fehlt. Syrien, Afghanistan (Kundus!), Irak, Ukraine, Griechenland, 
Flüchtlingskrise: In diese Wunden kann Putin genüsslich Salz streuen 
(beziehungsweise Bomben). Es ist deshalb allerhöchste Zeit, dass sich
Europa und die USA besinnen und das Heft des Handelns wieder an sich 
reißen. Vorweg gefordert sind: Barack Obama und Angela Merkel.
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