Was waren Guido Westerwelle und Angela Merkel
stolz, als sie im Oktober gegen starke Konkurrenz einen der
nichtständigen Sitze im UN-Sicherheitsrat ergatterten. Es war ein
Vertrauensvorschuss der Weltgemeinschaft für die Mittelmacht
Deutschland und seine schwarz-gelbe Regierung. Und was hat die
damit gemacht? Sie hat sich bei der ersten wichtigen Abstimmung
enthalten. Sie hat im Fall Libyen zum Ausdruck gebracht, dass sie
eine Flugverbotszone weder richtig findet noch falsch und dass sie
eine solche Aktion der westlichen Demokratien politisch nicht
unterstützen, aber auch nicht blockieren will. Sie hat gesagt: Wir
wissen nicht so recht. Das hätte Berlin auch gleich mitteilen
können, statt den UN-Prozess zusammen mit anderen so lange zu
verzögern. Dann wäre Gaddafi mit seinem Gegenschlag vielleicht nicht
so weit gekommen. Die deutsche Haltung ist erbärmlich, so wie die
Argumente dahinter. Eines der zentralen lautet, dass man die Rebellen
ja nicht kenne. Richtig, aber Gaddafi kennt man genau. Will man ihm
demnächst wieder die blutigen Hände schütteln, wieder neue Waffen
liefern, weil die alten leer geschossen sind aufs eigene Volk? Wieder
sein Öl kaufen? Das zweite Argument lautet, dass man nicht in einen
Krieg hineingezogen werden möchte. Doch man muss gar nicht
mitschießen mit den USA, Frankreich und Großbritannien, das müssen
auch die anderen Länder nicht, die bis auf fünf alle mit Ja votiert
haben. Bodentruppen sind sowieso ausgeschlossen. Die Erklärungen von
Merkel und Westerwelle erinnern sehr an das Irak-Nein von Gerhard
Schröder. Was haben sie Schröder damals dafür kritisiert! Man sollte
diese Zitate alle wieder ausgraben, vor allem jene, wo der rot-grünen
Regierung angebliche Kumpanei mit Russland unterstellt wurde – und
nun steht Schwarz-Gelb selbst mit Russland und sogar China in einem
Lager der Jein-Sager. Dabei war der Irak-Krieg wirklich ein
Abenteuer, ohne Konzept für die Zeit danach. Es war ein Krieg, dessen
Begründung, Besitz von Massenvernichtungswaffen, erfunden war,
während Gaddafis Vorgehen gegen das eigene Volk leider allzu real
ist. Einen Eindruck wird man allerdings bei beiden „Friedenskanzlern“
nicht los, weder damals bei Schröder noch heute bei Merkel: Dass
nicht vornehme deutsche Zurückhaltung das Hauptmotiv war und ist,
sondern – die jeweils anstehenden Wahlkämpfe. Eine famose Mittelmacht
ist das da im Weltsicherheitsrat.
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