LVZ: Merkel für Gesprächsoffensive gegenüber Russland / Aufforderung an Nato, Fähigkeiten stärker als bisher aufeinander abzustimmen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will sich
persönlich und im Rahmen der EU intensiv in nächster Zeit um eine
Verbesserung der Beziehungen zu Russland bemühen. In einem Interview
mit der „Leipziger Volkszeitung“ (Dienstag-Ausgabe) betonte die
Kanzlerin, dass dafür auch unter Umständen eine persönliche Begegnung
in Frage käme. Sie sage Wladimir Putin regelmäßig, welch große
Verantwortung Russland dafür habe, ob sich die Lage in der Ukraine
wieder beruhige. „Es sind die Erfordernisse der aktuellen Situation,
die entscheiden, wann unser nächstes Gespräch ansteht, sei es
telefonisch oder persönlich.“

Merkel betonte die traditionell enge Partnerschaft zwischen
Russland und Deutschland. „Unser Ziel in den vergangenen Jahren war
es – und kann es jederzeit wieder werden – Russland und Europa enger
zusammenzuführen.“ Der russische Präsident selbst spreche ja
gelegentlich von einer Wirtschaftszone von Lissabon bis Wladiwostok,
„für die es durchaus viele gute Argumente gibt“, unterstrich die
Kanzlerin.

Entscheidende Bedeutung misst die Kanzlerin Ausgang und Bewertung
der anstehenden Präsidentschaftswahlen in der Ukraine zu. „Die
ukrainische Präsidentschaftswahl wird, wie es international üblich
ist, von Beobachtern der OSZE begutachtet werden. Wenn die OSZE diese
Wahl nach ihren Grundsätzen anerkennt, dann erwarte ich, dass auch
das OSZE-Mitglied Russland das Ergebnis respektiert.“

Russland habe die Möglichkeit, eigene Wahlbeobachter in die
Ukraine zu schicken, „bisher verzichtet es darauf jedoch“. Für die
internationale Gemeinschaft werde das Urteil der OSZE-Beobachter der
entscheidende Maßstab für die Bewertung der Präsidentschaftswahl
sein.

Ein gutes Verhältnis mit Russland sei im deutschen und
europäischen Interesse, betonte die Kanzlerin. „Ich sehe es als
meine Aufgabe und die der Europäer an, immer wieder Überlegungen und
Vorschläge zu unterbreiten, wie wir unsere momentanen Konflikte
überwinden können. Diese Bereitschaft zum Gespräch und zur
Verhandlung ist wichtig, aber selbstverständlich kann dies nur auf
der Grundlage unserer Werte geschehen.“

In diesem Zusammenhang erinnerte die Kanzlerin daran, dass die
Krise in der Ukraine zwar nicht militärisch zu lösen sei, dass aber
die NATO für die Mitgliedsstaaten weiter von höchster Bedeutung sei,
denn sie gebe ihren Mitgliedern Sicherheit. Dabei gelte es, „die
Mittel unserer Verteidigungshaushalte sinnvoll einzusetzen, weil
gerade in Europa nicht jeder einzelne NATO-Mitgliedsstaat die
komplette Bandbreite aller militärischen Fähigkeiten braucht“. Man
teile sich jetzt schon Aufgaben und die dafür notwendigen
militärischen Mittel. „In Zukunft werden wir uns noch stärker
aufeinander abstimmen“, forderte die Kanzlerin. Sie erinnerte daran,
dass den baltischen Staaten Möglichkeiten fehlten, ihren Luftraum zu
überwachen, andere NATO-Staaten, darunter Deutschland, seien dafür
eingesprungen. „Eine solche Aufgabenteilung kann ich mir verstärkt
auch in anderen Bereichen vorstellen.“ Für die Bundesrepublik heiße
das: „Deutschland wird seinen Verteidigungsetat in den nächsten
Jahren stabil halten. Aber ich lege großen Wert auf effiziente
Zusammenarbeit und Lastenteilung innerhalb des Bündnisses.“

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