LVZ: Palmer zum Schlichtungsauftakt bei „Stuttgart 21“: Einvernehmliches Ergebnis unvorstellbar / Keine Befriedung ohne abschließenden Volksentscheid

Der baden-württembergische Spitzen-Grüne Boris
Palmer, der anstelle des verhinderten Grünen-Landtagsfraktionschef
Winfried Kretschmann zu „Stuttgart 21“ teilnimmt, kann sich nicht
vorstellen, dass am Ende des von Heiner Geißler moderierten
Abstimmungsprozess zwischen Landesregierung, Bahn und Protestbewegung
ein gemeinsames Ergebnis steht. In einem Interview mit der „Leipziger
Volkszeitung“ (Freitag-Ausgabe) sagte Palmer, der auch
Oberbürgermeister von Tübingen ist: „Dafür müssten sich sehr viele
mir zugängliche Informationen als falsch erweisen. Das kann ich mir
beim besten Willen nicht vorstellen. Aber ich bin dann bereit, meine
Meinung zu ändern, wenn sich die Faktenlage ändert. Das hoffe ich
auch von der anderen Seite“, so Palmer. Auf die Frage nach einem
einvernehmlichen Schlichtungsergebnis ergänzte Palmer: „Es wäre schon
viel erreicht, wenn es gelänge, Einigkeit über die Faktenlage zu
erzielen und dann das Volk entscheiden zu lassen. Dieser
Volksentscheid muss nach meiner Meinung am Ende des jetzigen
Verfahrens stehen. Sonst lässt sich die Situation nicht befrieden.“

Fest stehe schon jetzt, so ergänzte der Grünen-Politiker:
„Schwarz-Grün in Baden-Württemberg kann man für die nächste Wahl
vergessen. Wer die Polizei auf die Bürgerschaft loslässt, um sich als
entschlossener Macher zu profilieren und sich dabei auch noch so
verkalkuliert wie Herr Mappus, der kann nicht mit uns regieren. Und
mit dem können und wollen wir nicht regieren.“ Stuttgart 21 sei zum
Knackpunkt für eine Zusammenarbeit mit den Grünen geworden. Keine
Seite werde da von ihrer Position abgehen, weder Schwarz noch Grün.
„Deswegen ist 2011 Schwarz-Grün in Baden-Württemberg erledigt. Was
für uns Grüne nicht so schlimm ist wie für die Union, weil Grün-Rot
oder Rot-Grün erstmals in der Geschichte Baden-Württembergs eine
realistische Chance hat.“

Die öffentliche Moderation mit Heiner Geißler bezeichnete Palmer
als „ein Experiment zur Ergänzung unserer Demokratie“. Dieses
Schlichtungsverfahren sei nirgendwo vorgesehen. Es könne natürlich
auch schief gehen. „Wenn es dumm läuft, dann sehen wir nur die alten
Power-Point-Präsentationen und hören die schon lange bekannten mehr
oder weniger wichtigen Aussagen beider Seiten. Das wäre das Scheitern
dieses Experimentes“, so Palmer.

Aber es gebe dank Geißlers Wirken schon jetzt ein positives
Zeichen. „Nach den Auseinandersetzungen mit schweren Verletzten im
Schlossgarten konnte es nicht einfach so weitergehen. Wir waren drauf
und dran, uns in eine gefährliche Spirale der Eskalation
hineinzusteigern. Jetzt versucht man, wieder vernünftig miteinander
zu reden.“ Wenn es jetzt noch gelänge, Klärung über die Sache
herbeizuführen, also strittige Sachverhalte aufzuarbeiten und die
vielen zurückgehaltenen Informationen und Unterlagen öffentlich zu
machen, dann wäre wirklich viel erreicht.

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