Märkische Oderzeitung: – VORABMELDUNG – Die „Märkische Oderzeitung“ sendet Ihnen vorab Auszüge aus einem Interview mit Lothar de Maizière, das in der Montagausgabe erscheint. Bei Verwendung bitten wir um eine Quellenangabe:

Frankfurt (Oder) (MOZ) Der scheidende
deutsche Chef des „Petersburger Dialoges“ Lothar de Maizière hat die
deutsche und europäische Russlandpolitik scharf kritisiert. Im
Interview mit der „Märkischen Oderzeitung“ (Montagsausgabe) sagt de
Maizière unter anderem: „Ich habe diese Politik von Anfang an nicht
für zielführend gehalten. Es hätte für die Ukraine nicht die
Alternative geben dürfen: Russland oder die EU – sondern sowohl
Russland als auch die EU. Man hätte vor allem die tiefe
wirtschaftliche Verflechtung der Ukraine mit Russland beachten
müssen, industriell und auf dem Energiesektor. Zudem war die Ukraine
in der Vergangenheit nur zwischen 1918 und 1928 ein eigener Staat,
danach ein Teil der Sowjetunion. Und schließlich geht die
religiös-kulturelle Grenze zwischen Byzanz und Rom quer durch die
Ukraine. Diesem Tatbestand hätte man sinnvollerweise mit einer
föderalen Struktur des Landes Rechnung tragen müssen, mit einer
großen Sprach- und Kulturautonomie für die einzelnen Regionen.“
Lothar de Maizière kritisiert ebenfalls die Sanktionspolitik des
Westens gegenüber Russland und äußerte erhebliche Zweifel an den
ukrainischen Spitzenpolitikern: „Ich halte Ministerpräsident
Jazenjuk auch nicht gerade für einen ehrenwerten Mann. Dass der
behauptet, Auschwitz wäre von den Ukrainern befreit worden, ist
historisch völliger Unsinn. Die Bewacher des KZ waren häufig
Ukrainer. Ob Präsident Poroschenko die Korruption in seinem Land in
den Griff kriegt, wage ich zu bezweifeln. Und Russland betrachtet
seine Politik gegenüber der Ukraine als Eindämmung des amerikanischen
Einflusses.“ Nach 10 Jahren Vorsitz im Lenkungsausschuss des
Petersburger Dialoges war laut de Maizière eine Nachfolgesuche
verabredet worden. „Den Prozess hätte ich mir allerdings eleganter
gewünscht“, sagte er „Es gab ja seit längerem einige Mitglieder, die
uns vorgeworfen haben, zu russlandfreundlich zu sein. Die haben sich
dann mit einigen Organisationen wie Greenpeace und Amnesty
International zusammengetan und öffentlich gegen mich Stimmung
gemacht.“ Die Bundeskanzlerin habe zwar mit ihm gesprochen, „aber
dass es nun Herr Pofalla werden soll, hat mich echt überrascht, weil
ich dessen Russland-Bezug bisher nicht so richtig wahrgenommen habe.“

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