Die ehemalige Top-Managerin Simone Menne hat den
Sexismus in deutschen Chefetagen kritisiert. „Hollywood ist überall“,
sagte Menne in einem Gespräch mit dem Hamburger Magazin stern.
Sexuelle Übergriffe gebe es nicht nur in der Film- und Theaterwelt,
sondern auch in der Wirtschaft. Es ginge dabei aber nicht in erster
Linie um Sex, sondern um Macht. „Männer demonstrieren ihre
Überlegenheit, indem sie sich gegenüber Frauen bestimmte Dinge
herausnehmen. Damit zeigen sie allen anderen Männer in der Runde:
Hey, ich bin der Boss, ich darf das.“
Simone Menne war eine der ersten Frauen im Vorstand eines
Dax-Konzerns. Sie war von 2012 bis 2016 Finanzvorstand der Lufthansa
und bis Ende 2017 in der Geschäftsführung des Pharmakonzerns
Boehringer Ingelheim. Heute arbeitet sie als Mentorin für weibliche
Nachwuchsführungskräfte und ist Aufsichtsrätin in internationalen
Konzernen wie BMW, DHL und Johnsons Controls International.
In ihrer Zeit bei der Lufthansa habe sie erlebt, wie andere
Vorstandskollegen versucht haben, sie als „Erbsenzählerin“ zu
diskreditieren, und wie sie sich abfällig über sie geäußert haben:
„Ja, ja, die Buchhalterin hat–s mal wieder nicht verstanden. Aber
muss sie ja auch nicht. Die haben wir halt, weil wir sie haben
müssen, wisst ihr ja.“
Trotz aller Schwierigkeiten findet es Simone Menne wichtig, dass
Frauen Verantwortung für Gesellschaft und Wirtschaft übernehmen.
„Frauen müssen mehr gestalten als den Geburtstagskuchen“, sagt sie
angesichts der Tatsache, dass sich viele talentierte Frauen den
Machtkampf und das „Alpha-Männchen-Gehabe“ nicht antun wollen und ins
Private zurückziehen.
Äußerst kritisch beobachtet sie den boomenden
Do-it-yourself-Trend. Frauen würden dadurch regelrecht „sediert“.
Ihnen würde vermittelt, der perfekte Tag bestünde daraus, die
schönste Schultüte zu basteln und die saftigsten Muffins für den
Basar zu fabrizieren. „Im Zweifelsfall bekommen Frauen so mehr
positives Feedback, als wenn sie in der Firma in Konkurrenz zu einem
Mann treten“. Das sei eine echte gesellschaftliche Falle für Frauen.
In der Frage der Quoten nimmt Menne eine differenzierte Haltung
ein. In Aufsichtsräten habe sich die Quote bewährt. Sie sei aber
gegen eine Frauenquote auf der Vorstandsebene: „Wenn ich jemanden
brauche, der die fachliche Qualifikation hat, der Ahnung von der
Branche hat, der in die Firma passt, sich mit den den anderen
Managern versteht und dann auch noch eine Frau sein muss – dann ist
die Auswahl heute noch schwierig bis unmöglich.“
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