Mindener Tageblatt: Kommentar zu: Rechnungshof kritisiert Steuervollzug /Überkompliziert, ungerecht und ineffizient

Erinnert sich noch jemand an den „Professor aus
Heidelberg“? Der renommierte Finanzwissenschaftler Paul Kirchhof
musste sich vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder landauf,
landab durch den Kakao ziehen lassen, weil er als Kandidat für das
Amt des Finanzministers tatsächlich eine radikale Vereinfachung des
Steuersystems vorzuschlagen gewagt hatte. Im Prinzip, so seine Idee,
müsste eine Steuererklärung auf einen Bierdeckel passen. Ha, ha,
selten so gelacht. Dass schon der Normalbürger beim Ausfüllen seiner
Steuerklärung in der Regel überfordert ist – geschenkt. Dass
Heerscharen von Steuerberatern und noch größere Armeen von
Finanzbeamten einem sich nahezu täglich ändernden Wust an
Steuervorschriften hinterherhecheln, die in Steuerbehörden von Bund,
Ländern und Kommunen ausgetüftelt werden – Allgemeingut. Dass die
Sucht, auch noch den absurdesten Ausnahmetatbestand steuerrechtlich
korrekt und natürlich vor allem gerecht (ganz wichtig in
Deutschland!) zu regeln – unschlagbarer Lacher-Lieferant für
unzählige einschlägige Berichte. Dass Wahlkampf für Wahlkampf nicht
nur Steuererleichterung, sondern – jawohl – auch Steuervereinfachung
versprochen werden, die zuverlässig in Steuererhöhungen und einem
noch komplizierteren Steuerrecht enden – Routine. Dass all das aber
dazu führt, dass das deutsche Steuerrecht nicht nur überkompliziert,
ungerecht und maximal ineffizient ist (sieht man einmal von der
Anzahl der gut von dieser Tatsache lebenden Mitbürger ab), das ist
jetzt sogar wieder dem Bundesrechnungshof aufgefallen. Wohlgemerkt:
wieder. Nicht, dass das etwas ändern würde. Trotzdem sei hier noch
einmal Kernsätze des Präsidenten wiederholt: „Ein gesetzmäßiger
Steuervollzug ist nicht gewährleistet.“ Und: „Die Steuerverwaltung
verstößt gegen ihre gesetzliche Pflicht“. Leider kann sie gar nicht
anders. Unter anderem, weil „Professoren aus Heidelberg“ hierzulande
mit Hohn und Spott übergossen werden, wenn sie sich mal etwas andere
Gedanken machen.

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