Mindener Tageblatt: Kommentar zum Friedensnobelpreis für die EU / Ermutigung zur Zukunft

Dieser Preis war überfällig. Die Europäische Union
hat ihn lange verdient. Ein Kontinent, dessen – auch heute noch
häufig genug – im Streit liegende Völker ihre
Meinungsverschiedenheiten und Machtspiele seit Menschengedenken
regelmäßig mit allen Mitteln der jeweiligen Kriegs“kunst“ auszutragen
pflegten, hält seit bald sieben Jahrzehnten Frieden. Er exportiert
ihn sogar. Mehr noch: Der Kontinent hat sich gemeinsamen Werten
verpflichtet, setzt sie bei sich durch und fördert sie anderswo.
Frieden und Freiheit als Basis für Sicherheit und Wohlstand strahlen
weit über die Union aus. Der Preis unterstreicht mit dem Beispiel
Europa, wie konsequentes Streben nach Frieden im Wortsinn lohnt.
Allen unstreitig vorhandenen Schwierigkeiten und kritikwürdigen
Zuständen zum Trotz. Dieser Preis kommt zur rechten Zeit. Die
Europäische Union kann ihn gerade jetzt gut gebrauchen. Längst sind
die Bürger gewohnt, äußere wie innere Sicherheit, Demokratie und eine
im Vergleich zu den Lebensumständen Milliarden anderer Menschen
komfortable Existenz als selbstverständlich zu empfinden. Da fällt es
leicht, die unvermeidlichen Schattenseiten der gewaltigen
Kompromiss-Maschine EU zunehmend als grundsätzliche
Konstruktionsfehler wahrzunehmen statt als Reparaturbedarf an
weiterer Integration. Vor allem die Schuldenkrise, die die gerade
erst ins Leben gerufene gemeinsame Währung in den Grundfesten
bedroht, wird nicht nur an manchem Stammtisch zum Wiedergänger
einstiger Verteilungskonflikte. Aber auch bürokratischer
Gängelungswahn, Legitimationsdefizit, Interessengeschacher (wenn es
um die der anderen geht), Bürgerferne nagen am Image. Der Preis
zeigt, dass die Idee der Europäischen Union aus mehr besteht als
Sonntagsreden, Gipfelgezerre, Geld und normierten Gurken. Er ruft in
Erinnerung, was vorher war. Er macht deutlich, dass die Zukunft nicht
im Gestern liegen kann. Europas Chance ist mehr Europa. Der Preis ist
nicht nur eine Auszeichnung, er ist eine Ermutigung.

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Christoph Pepper
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