Mittelbayerische Zeitung: Der Familienersatz / Kommentar zum Mobiltelefon

Nach der ersten Euphorie über das Mobiltelefon
ist inzwischen Handy-Bashing angesagt. Vornehmlich die Jugend schaut
nur noch aufs Display, verlernt, analog zu kommunizieren, driftet ab
in eine Welt, in der sie unerreichbar ist, klagen Kritiker. Aber: Das
Ding ist ambivalent, hat verschiedene Seiten und bestimmt inzwischen
auch die Weltpolitik. Der Arabische Frühling ohne
Handy-Kommunikation: undenkbar. Vor allem aber sind Handy und Selfie
Ausdruck eines Bedürfnisses. In einer Welt, der die Familienrituale
abhandenkommen, ist das Zeigen und Teilen von Erlebtem ein virtueller
Wohnzimmer-Ersatz geworden. Höchste Zeit, dass die Wissenschaft die
Debatte versachlicht und sich mit dem Phänomen befasst: um
Bedürfnisse zu benennen und einzukreisen, welchen Raum wir ihnen
geben. Denn: „Das Ding ist da, und es geht nicht mehr weg.“

Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de