Es wird sicher ein Gipfel der schönen Bilder.
Frau Merkel im Kreis der Mächtigen auf der Promenade des mondänen
französischen Badeortes Deauville. Es wird sicher ein Gipfel der
schönen Worte: Hilfsversprechen für reformwillige Araber und
verschuldete Euro-Länder. Und es wird sicher ein Gipfel des schönen
Scheins: Die Diplomaten haben im Hintergrund bereits die
Formelkompromisse vorbereitet. Dem Publikum werden Erfolge
vorgegaukelt, an die sich morgen kaum einer mehr erinnern wird. Der
G-8-Gipfel von Deauville in der Normandie findet ab morgen in einer
unruhigen Zeit statt: In Nordafrika wurden autoritäre Systeme
gestürzt weitere Potentaten im Nahen Osten wanken. Die Euro-Krise
schwächt die EU, der Internationale Währungsfonds fällt wegen der
Eskapaden seines Chefs als fester finanzieller Anker aus. Das
Atomunglück von Fukushima wirft die Frage nach der Zukunft der
Kernkraft auf. Doch Antworten kann der G-8-Gipfel nicht liefern.
Erstens sind die Teilnehmer untereinander zerstritten. Beim
Militäreinsatzes der Nato in Libyen scherte Deutschland aus der
westlichen Solidarität aus. Bei der Bekämpfung der Schuldenkrise
sträubt sich Frankreich gegen die Umschuldung, während Deutschland
sich bereits darauf einrichtet. Den Atomausstieg strebt nur
Deutschland an, während die anderen Staaten an dieser Energieform
weiter festhalten wollen. Aber wäre dann nicht der G-8-Gipfel ein
gutes Forum um solche Streitfragen im Gespräch der Staats – und
Regierungschefs zu klären? Die Antwort lautet: Leider nein.
US-Präsident Barack Obama macht keinen Hehl daraus, dass er die große
Runde der G-20, in der neben den westlichen Staaten und Russland auch
die Mächte wie China, Indien, Brasilien und andere wichtige Staaten
vertreten sind, für das entscheidende Gesprächsforum der Zukunft
hält. Dieser Einschätzung kann man nur schwer widersprechen. Beispiel
Naher Osten: Ob sich der Westen zum Beispiel in Syrien stärker
militärisch engagieren soll oder auch nur kann, hängt davon ab, ob
auch die aufstrebende Weltmächte China das duldet. Den neuen IWF-Chef
würden die Europäer nur allzu gerne wieder aus ihren eigenen Reihen
berufen. Doch ohne Rücksprache mit Schwellenländer wie Brasilien oder
Türkei ist das nicht mehr möglich. Eine Personalentscheidung im
Dissens würde diese internationale Organisation in ihrer Außenwirkung
außerdem ziemlich schwächen. In Sachen Energieversorgung macht es
ebenfalls wenig Sinn nur im Kreis der bereits etablierten Mächte zu
diskutieren. Schließlich wird der Energiehunger der Milliardenvölker
China und Indien die Entwicklung massiv beeinflussen. G-8-Gipfel wie
der von Deauville sind in der alten Form nicht mehr zukunftsweisend,
können wenig zu einer Problemlösung beitragen. Die Zusammensetzung,
zum Beispiel die Zugehörigkeit Russlands zu dem Kreis, ist unlogisch.
Auch Japan steht in einem ganz anderen Spannungsfeld als die
europäische Mächte mit ihrem alten Partner USA. Es wäre sinnvoller,
die G-20- Gruppe aufzuwerten. Die Europäer haben genügend
Möglichkeiten sich vor solchen Mammuttreffen zum Beispiel im Rahmen
der EU auf eine gemeinsame Politik zu verständigen – wenn sie es denn
wollen. Die Gipfel in alter Form sind Treffen ohne Wert. Obama baut
die Begegnungin Deauville in einen Europatrip ein. Man kann getrost
davon ausgehen, dass ihm die Bilder aus Irland angesichts vieler
irischstämmiger Amerikaner mindestens genauso wichtig sind wie die
Bilder vom Strand von Deauville. Entscheidungen werden andernorts
gefällt.
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