Mittelbayerische Zeitung: Kommentar von Reinhard Zweigler zu Konjunktur/Prognose der Bundesregierung

Wirtschaft sei zu 50 Prozent Psychologie,
meinte einst der „Erfinder“ des deutschen Wirtschaftswunders Ludwig
Erhard. Freilich weiß niemand so genau, welche 50 Prozent, könnte man
heute hinzufügen. Nähme man die derzeit aufgeregte Debatte um einen
drohenden wirtschaftlichen Abschwung für bare Münze, könnte man
wirklich nur noch schwarzsehen. Man kann einen lediglich drohenden
Konjunktureinbruch auch gewissermaßen „herbeireden“, wenn man nur
lange genug die Hiobsbotschaften gebetsmühlenartig wiederholt. Erst
rutscht die Stimmung ab, dann folgt die reale wirtschaftliche Lage.
Doch eine verantwortungsvolle Wirtschafts- und Finanzpolitik darf
sich niemals auf das Feld von Prophezeiungen begeben. Für Alarmismus
besteht ansgesichts der jetzt vorliegenden harten Fakten zur
deutschen Konjunktur und ihren Aussichten für das nächste Jahr kein
Grund. Zwar wird der Exportmotor – bislang das Rückgrat des Wachstums
hierzulande – nicht mehr ganz so kräftig brummen. Doch die endlich
anziehende deutsche Binnenkonjunktur dürfte diese Scharte auswetzen.
Für neue, vielleicht sogar auf Pump finanzierte,
Investitionsprogramme des Bundes besteht ebenso keine Veranlassung.
Wir schreiben das Jahr 2014 und nicht 2009, als die Finanzkrise mit
einem Minus von satten fünf Prozent kräftig ins Kontor schlug. Die
damaligen, milliardenschweren staatlichen Wachstumspakete waren
gerechtfertigt. Heute kommt es jedoch vor allem darauf an, dass
Deutschland seine öffentlichen Haushalte konsolidiert sowie sinnvoll
und kräftig investiert. Das Schließen von Steuerschlupflöchern für
Konzerne, die ihre Gewinne trickreich in Steueroasen transferieren,
gehört ausdrücklich dazu.

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