Grenzen des Rechtsstaates
   Abscheu, Ohnmacht, Wut. Die Silvesternacht von Köln, in der 
Hunderte Frauen rund um den Hauptbahnhof der Domstadt praktisch 
Freiwild waren für Diebe und Räuber, Grapscher und Sexualtäter, hat 
eine Welle von Emotionen ausgelöst. Landauf, landab, weit über Köln 
hinaus. Eigentlich sollte unbeschwert das neue Jahr gefeiert werden, 
doch Köln erlebte einen Alptraum. Vor allem junge Asylbewerber aus 
nordafrikanischen Staaten veranstalteten, im Schutze der Dunkelheit 
und von Polizeikräften kaum gestört, eine Orgie der Gewalt, der 
Einschüchterung, der Nötigung. Köln wurde zum Menetekel. Was in der 
Silvesternacht 2015 geschah, passte so gar nicht zur 
Willkommenskultur, die seit dem Sommer das Bild der 
Flüchtlingsaufnahme in Deutschland maßgeblich bestimmte. War es 
bereits vor dem 31. Dezember zu einigen 
Anti-Flüchtlingsdemonstrationen, sogar zu Angriffen und 
Brandanschlägen auf Heime gekommen, so schien mit Köln die Stimmung 
endgültig zu kippen. Menschen, denen hierzulande Schutz und 
Sicherheit gewährt wurde, werden zu Kriminellen – die Empörung in 
vielen Teilen der Bevölkerung war riesig. Die Täter haben damit nicht
nur den unmittelbar betroffenen Opfern Schlimmes angetan, sondern 
auch dem Großteil der Flüchtlinge einen Bärendienst erwiesen. In der 
aufgeladenen Atmosphäre nach Köln waren Differenzierungen kaum 
gefragt. Alle über einen Kamm zu scheren, hatte dagegen Konjunktur. 
Ob ein Asylbewerber nun kriminell war oder nicht, spielte keine 
Rolle; er war einem großen Teil der besorgten Öffentlichkeit in jedem
Fall verdächtig geworden. Und die Medien, die aufgrund einer anfangs 
dünnen Nachrichtenlage erst viel zu spät berichteten und auch sonst 
nicht durchwegs eine gute Figur machten, wurden flugs als Lügenpresse
abgestempelt. Die Bestürzung über die schlimmen Geschehnisse von Köln
vor vier Monaten war allgegenwärtig, nicht nur bei Pegida und AfD, 
die nach Köln kräftig Zulauf erhielten, sondern auch bei allen 
etablierten Parteien, von der Union, der SPD, den Grünen bis zur 
Linken. Hastig wurden Gesetzesverschärfungen bis hin zu Abschiebungen
von rechtskräftig verurteilten Sexualstraftätern angekündigt. Ob 
nicht vielleicht sogar organisierte Kriminalität am Werke gewesen 
sei, wurde gefragt. Wirklich geschehen ist allerdings wenig. Sieht 
man einmal davon ab, dass drei nordafrikanische Länder – Algerien, 
Marokko und Tunesien – zu sicheren Drittstaaten erklärt werden 
sollen. Allerdings hängt die Regelung in der Länderkammer fest. Die 
Aufarbeitung, Ermittlung und gegebenenfalls Bestrafung der Täter aus 
der Silvesternacht lag also nun allein in den Händen der Kölner 
Justiz. Und die hat bereits ein halbes Dutzend Asylbewerber wegen 
Diebstählen zu Bewährungsstrafen verurteilt. Gestern stand erstmals 
auch ein Sexualdelikt zur Anklage. Doch diese Anklage wurde rasch 
fallengelassen, weil das Opfer den Täter nicht einwandfrei 
identifizieren konnte. Wie denn auch? Aus einer grölenden Horde genau
den oder die Übeltäter zu benennen, ist für ein Opfer, das noch dazu 
unter Schock steht und mit solchen Attacken keineswegs rechnen 
konnte, nahezu unmöglich. Die Kölner Justiz hat die Grenzen des 
Rechtsstaats mit den milden Richtersprüchen gerade so ausgeschritten.
Härtere Strafen für kriminelle Asylbewerber waren nach den 
vorliegenden Ermittlungen offenbar nicht möglich. Doch ein bitterer 
Nachgeschmack bleibt. Mit solch geringen Strafen wird keinem der 
Übeltäter von Köln die Abschiebung drohen. Die Täter bleiben unter 
uns und viele werden unerkannt und ungestraft davon kommen.
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