Mittelbayerische Zeitung: Kommentar von Thomas Spang zu Trumps außenpolitischen Plänen

Düster und zynisch

Der Kandidat der Superlativen darf eines für sich beanspruchen: Er
präsentierte im Mayflower Hotel die wirrste außenpolitische
Grundsatzrede, die in Washington jemals ein aussichtsreicher Kandidat
für das Präsidentenamt zum Besten gab. Donald Trump schaffte es, sich
in 40 Minuten in derart viele Widersprüche zu verstricken, das einem
beim bloßen Zuhören schwindelig werden konnte. Stünde der
Rechtspopulist nicht kurz vor der Nominierung zum republikanischen
Präsidentschaftskandidaten, lohnte es kaum der Mühe, sich mit diesem
Sammelsurium unsortierter Gedankenfetzen zu befassen. Angesichts der
politischen Realitäten in den USA, wäre es umgekehrt aber sträflich,
eine Auseinandersetzung damit zu unterlassen. Der Narzissmus seiner
Persönlichkeit findet Entsprechung in seinem Bild von der Supermacht.
In seiner Gedankenwelt ist es das beste, größte, stärkste Land
überhaupt, dem Freund und Feind besser Tribut zollen. Ansonsten droht
ihnen Liebesentzug oder Strafe. Das ist die Essenz der –Amerika
zuerst—Politik, die Trump als Präsident verfolgen möchte. Das einzig
Kohärente ist die Willkür, mit der Trump der Welt begegnet. Amerika
über alles kann heute Freundschaft mit Russland und morgen einen
Bruch mit den Alliierten in Europa bedeuten. Um diesen
Bewegungs-Freiraum zu bekommen, ist der amerikanische Nationalist
bereit, die nach dem zweiten Weltkrieg errichtete
Sicherheitsarchitektur einzureißen. Statt amerikanische
Sicherheitsinteressen durch multilaterale Organisationen für andere
Staaten verträglicher zu machen, will er rohe Nationalmacht walten
lassen. Trump plädiert de facto für eine Rückkehr zu einer
Außenpolitik des 19. Jahrhunderts, in der Nationalstaaten
untereinander darum rangen, anderen ihren Willen aufzuzwingen. Ihn
schert deshalb nicht, was die Welt über eine Mauer an der Grenze zu
Mexiko denkt. Er baut sie, weil die USA sie bauen können. Dasselbe
gilt für die Deportation von elf Millionen Einwanderern ohne Papiere
sowie den Einreisestopp von Muslimen. In Trumps Welt bleibt den
Herkunftsstaaten am Ende nichts anderes übrig, als das hinzunehmen.
Sorglos verabschiedet sich der Kandidat von der westlichen
Wertegemeinschaft, die er durch eine antagonistische Weltsicht
ersetzt. In alten Freunden wie Deutschland und Japan sieht der
Milliardär Kostgänger, die ihre Sicherheit von den USA bezahlen
lassen statt selber etwas dafür zu tun. Wie bei Verhandlungen um
einen Geschäftsabschluss will Trump einen Preis von den Verbündeten
extrahieren oder diese ihrem Schicksal überlassen. Als ob
Sicherheitspolitik ein Immobilien-Deal und nicht eine Konsequenz aus
zwei Weltkriegen mit vielen Millionen Toten wäre. Beim Handel findet
die von Trump zelebrierte –Amerika zuerst—Politik ihren Ausdruck in
der Rückkehr von Protektionismus. Auch das wäre ein Bruch mit
traditioneller US-Politik von Demokraten und Republikanern, die im
freien Austausch von Waren und Dienstleistungen stets mehr Vor- als
Nachteile gesehen haben. Geradezu absurd klingt das Versprechen, den
„falschen Lockrufen der Globalisierung“ nicht länger hinterherlaufen
zu wollen. Dabei waren es doch US-Unternehmen, die mit der
IT-Revolution das technische Rückgrat der Globalisierung geschaffen
haben und die Wall Street, die es für die Entfesselung der
Kapitalströme nutzte. Trump rollte im Mayflower Hotel einen
intellektuellen Flickenteppich aus, der aus den Versatzstücken
entstand, die er bisher via Twitter kanalisierte. Wenngleich er
Details schuldig blieb, lässt sich der Grundton klar erkennen. Trumps
Welt ist düster und zynisch. Sie darf niemals Wirklichkeit werden.

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