Mittelbayerische Zeitung: Kommentar von Wolfgang Ziegler zu Katalonien

Katalonien hat gewählt – und das Ergebnis ist
eindeutig zweideutig. Zum einen hat die wirtschaftsstarke Region um
Barcelona im Nordosten der iberischen Halbinsel deutlich gemacht,
dass sie die Nase voll hat vom spanischen Zentralismus. Zum anderen
errangen die katalanischen Separatisten zwar einen Wahlsieg, erlitten
aber eine Niederlage, wenn man die Wahl als Plebiszit versteht. Bei
einer Volksabstimmung zählt man nun einmal nicht die Mandate, sondern
die Stimmen. Und die Befürworter einer Abspaltung Kataloniens von
Spanien konnten nicht einmal annähernd die Hälfte aller Wähler hinter
sich versammeln. Dennoch sollte die spanische Zentralregierung jetzt
nicht den Fehler machen, den Ausgang der katalanischen Regionalwahl
klein zu reden oder gar zu ignorieren. Vielmehr muss
Ministerpräsident Mariano Rajoy den Separatisten jetzt schnellstens
Wege ebnen, die zu einem Kompromiss führen. Sich hinter der
spanischen Verfassung zu verstecken, wie er dies in der Vergangenheit
nicht nur einmal gemacht hat, ist keine Lösung. Darin ist zwar die
„Einheit der Nation“ verankert. In der europäischen Geschichte
erfolgten Abspaltungen allerdings selten gesetzeskonform – meist
wurden sie erst nachträglich legalisiert.

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