Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu Fixierung/Psychiatrie: Die Würde ist es wert von Claudia Bockholt

Wer jemals einen fixierten Patienten sah – ob
im Pflegeheim oder in der Klinik -, der weiß genau, dass dies immer
ultima ratio, also das letzte geeignete Mittel, sein sollte. Die
Würde des Menschen, sein Recht auf Selbstbestimmung ist aufs Tiefste
verletzt, wenn er durch Gurte an Bett oder Stuhl gefesselt und
bewegungsunfähig gemacht wurde. Insofern ist es richtig, dass für
länger dauernde Zwangsmaßnahmen ein richterlicher Beschluss nötig
wird. Allerdings: Der bürokratische und damit finanzielle Aufwand ist
beträchtlich. Zudem stellt die Neuregelung Ärzte und Pfleger vor
erhebliche Probleme. Schließlich müssen sie, bei Suizidgefahr oder um
sich selbst zu schützen, schnell reagieren. Der Alltag wird zeigen,
dass der richterliche Beschluss häufig erst nachträglich eingeholt
werden kann. So erleben es betreuende Angehörige von demenzkranken
oder postoperativ verwirrten Menschen in Krankenhäusern schon jetzt.
Erst Tage nach einer Fixierung, etwa weil ein Patient sich beim
Versuch, aus dem Bett zu steigen, verletzt hat, wird man über die
Maßnahme auch schriftlich informiert. Meist ist der Angehörige die
Fesseln dann schon wieder los. Der Vorgang ist umständlich, doch er
hilft sicherzustellen, dass überfordertes Personal nicht bei lästigen
oder renitenten Patienten den einfachsten Weg geht. Ganz
auszuschließen ist das freilich auch in Zukunft nicht. Ruhigstellen
lassen sich Kranke auch durch Medikamente.

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