Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu Russland

So verlockend es sein mag, Parallelen zum
Kalten Krieg zu ziehen, so sehr führen sie in die Irre. Das Russland
von heute ist keine Macht, die sich mit der damaligen Sowjetunion
vergleichen ließe. Moskau ist nicht mehr das Zentrum eines
ideologischen Gegenpols zur freiheitlichen Demokratie des Westens.
Und auch geografisch und militärisch kann Putins Reich nicht mit der
ehemaligen UdSSR mithalten. Bestenfalls kann sich Russland als
Spielverderber profilieren, der die nach Ende des Kalten Kriegs
entstandene Dominanz der einzig verbliebenen Supermacht
herausfordert. Putins Vorgehen auf der Krim hat weniger mit einer
ideologischen Konfrontation zu tun als mit knallhartem
Hegemonialstreben einer Regionalmacht. Die von Putin nachgereichte
Begründung erinnert mehr an die Denkschablonen des 19. Jahrhunderts.
Es geht um verletzten Stolz und nationale Sammlung. Vor allem
Letzteres muss die Alarmglocken schrillen lassen. Putin ging es auf
der Krim nicht um Autonomie, sondern um Anschluss. Die Zusicherung,
die Souveränität der Rest-Ukraine respektieren zu wollen, klingt in
diesem Kontext nicht besonders glaubwürdig. Statt in die Muster des
Kalten Kriegs zurückzufallen, geht es darum, sich an die Regeln
klassischer Machtpolitik zu erinnern. Der eklatante Regelverstoß muss
mit Stärke beantwortet werden, da er sonst Schule macht. Beim
G-7-Treffen am Montag sollten die Beteiligten eine Strategie
entwickeln, die darauf abzielt die Rumpf-Ukraine zu stärken und
Russland so lange zu isolieren, bis es zu akzeptablen
Verhaltensweisen zurückkehrt. All das bedeutet nicht die Rückkehr des
Kalten Kriegs, sondern die Verteidigung einer internationalen
Ordnung, in der nicht allein das Recht des Stärkeren gilt. Dafür
müssen die USA und Europa eng zusammenrücken. Nach der Verletzung der
Grenzen eines souveränen Staats in Europa darf nicht zur Tagesordnung
übergegangen werden.

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