Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu Syrien: Eiertanz, von Thomas Spang

Die USA stehen in Syrien dauerhaft vor der
Quadratur des Kreises. Wenn sie die Kurden künftig direkt mit Waffen
beliefern, stoßen sie damit die Türken vor den Kopf. Geben sie
Ankaras Empfindlichkeiten nach, fühlen sich ihre effektivsten
Verbündeten in Syrien im Stich gelassen. Nicht viel anders gestaltet
sich das Verhältnis zu Russland. So wünschenswert ein gemeinsames
Vorgehen gegen den Islamischen Staat auch wäre, so wenig hat
Washington ein Interesse daran, die Macht des Kriegsverbrechers in
Damaskus zu stabilisieren. Der hilflose Eiertanz John Kerrys nach dem
Beschuss eines UN-Hilfekonvois für Aleppo durch russische
Kampfflugzeuge illustriert das ganze Dilemma der Syrien-Politik des
Realpolitikers Obamas. Der Friedensnobelpreisträger möchte dem
Schlachten nicht tatenlos zusehen, will aber auch nicht mit der
ganzen Militärmacht der USA eingreifen. Dadurch reduzieren sich die
Handlungsoptionen auf die Wahl der Verbündeten. Sich darüber
moralisch zu empören, ist ein natürlicher Impuls. In der Praxis
verhalten sich die Dinge leider sehr viel komplizierter. Es gibt
keinen vernünftigen Grund, davon auszugehen, dass eine „Pax
Americana“ in Syrien erfolgreicher sein wird, als der vergebliche
Versuch eine solche im Irak zu errichten.

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