Winfried Kretschmann ist im Bundesrat nicht
„umgefallen“. Der knorrige grüne Landesvater von Baden-Württemberg
hat mit dem Kompromiss für Flüchtlinge in Deutschland mehr
herausgeholt als in den vergangenen zwanzig Jahren seit Änderung des
Asylrechts zuvor. Die Residenzpflicht, im Grunde ein Reiseverbot für
Asylbewerber, wird ebenso abgeschafft wie Sachleistungen –
stattdessen soll es Geld geben – oder das unsinnige Arbeitsverbot für
in Deutschland lebende Flüchtlinge. Außerdem will der Bund den
Kommunen, die dem Ansturm von Flüchtlingen längst nicht mehr
gewachsen sind, finanziell unter die Arme greifen. Kretschmann hat
keinem „zynischen Deal“ zugestimmt, sondern die Hand für wirkliche
Verbesserungen gehoben. Der Preis dafür freilich sind Einschränkungen
des Rechts auf Asyl für Menschen aus drei Balkanstaaten. Das ist
allerdings nur hinnehmbar, wenn im Gegenzug Berlin wesentlich mehr
Druck auf diese Staaten, aber auch auf die EU-Mitglieder Bulgarien,
Rumänien und Ungarn ausübt, damit Roma dort nicht weiter drangsaliert
werden. Innerhalb des grünen Lagers wird der wackere Kretschmann, der
jetzt Landes- und nicht Parteiinteressen vertreten hat, heftig
attackiert. Damit tut man ihm Unrecht. Denn fundamentalistisches
Nichtstun hilft niemandem weiter.
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