Dobrindts Baustellen
von Reinhard Zweigler, MZ
Ich habe verstanden, könnte man aus ostbayerischer Sicht über den
überarbeiteten Bundesverkehrswegeplan, sozusagen der Fahrplan für die
Verkehrsinfrastruktur der nächsten anderthalb Jahrzehnte, von
Minister Alexander Dobrindt sagen. Nach geharnischten Protesten von
Bürgern, Kommunal-, Landes- und Bundespolitikern darüber, dass die A3
südlich von Regensburg nur in einem begrenzten Abschnitt ausgebaut
werden sollte, hat Dobrindt nun sein Planwerk geändert. Zwei weitere
Abschnitte der vielbefahrenen Trasse wurden gleich in den
„vordringlichen Bedarf“ aufgenommen. Größerer Streit, auch mit den
eigenen CSU-Kollegen vor Ort, konnte damit abgewendet werden. Den
Bundesverkehrswegeplan insgesamt betrachtet, hat der Verkehrsminister
in Berlin viel für den Freistaat herausgeholt. Das liegt freilich
weniger an der Verbundenheit Dobrindts mit seiner Heimat, sondern
eher an den weit fortgeschrittenen Verkehrsplanungen im Freistaat. Wo
München bereits Hunderte baureife Projekte in Berlin anmelden konnte,
glänzten andere Bundesländer mit leeren Schubladen. Einige haben
einfach ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Dabei hat ein
Bundesverkehrsminister eigentlich einen sehr begehrten Job im
Politikbetrieb. Nirgendwo geben sich Abgeordnete, kommunale und
Landesgrößen dermaßen oft die Klinke in die Hand wie bei ihm. Mit
weit über zehn Milliarden Euro verfügt Dobrindt über den größten
Investitionsbatzen, der jedes Jahr vom Bund ausgegeben wird. Und
jeder möchte „seine“ Ortsumgehung, seinen Bundesstraßen- und
Autobahnabschnitt, seine Bahnstrecke so schnell wie möglich
realisiert haben. Gerade vor Wahlen kommt es gut an, wenn neue
Straßen eröffnet und bunte Bänder zerschnitten werden. Der Herr über
die meisten Verkehrsprojekte in Deutschland ist derzeit Alexander
Dobrindt, ehemals rauflustiger CSU-Generalsekretär. Doch seit ihn
CSU-Chef Horst Seehofer, gewissermaßen zur Bewährung und zur
Bewerbung um den Posten des bayerischen Ministerpräsidenten, ins
Kabinett nach Berlin abordnete, agiert Dobrindt wie ein Auto, das mit
angezogener Handbremse fährt. Bei der CSU-Erfindung einer Pkw-Maut
musste Dobrindt die Gratwanderung vollführen, einerseits ausländische
Autofahrer abzukassieren, aber inländische nicht zu belasten.
Inzwischen hat Brüssel die Berliner Mautpläne erst einmal kassiert.
Das letzte Wort werden wahrscheinlich die Richter am Europäischen
Gerichtshof sprechen. Aus dem Wahlkampf-Renner der CSU,
„Ausländer-Maut“, von vor drei Jahren ist eine Schnecke geworden. Und
es ist völlig ungewiss, ob sie jemals an den Start gehen wird. Vor
einem Jahr schließlich wurde der Dieselskandal bei Volkswagen
ruchbar. Auch andere in- und ausländische Hersteller haben offenbar
bei den Abgaswerten der Selbstzünder getrickst. Der Verkehrsminister
fuhr zuerst einen weichen Kurs gegenüber Volkswagen. Als jedoch immer
mehr und größere Schummeleien von Autobauern herauskamen, musste er
härtere Töne anschlagen und etwas fester durchgreifen. Ein
Ruhmesblatt ist „Dieselgate“ für Dobrindt jedoch auch nicht. Nun hat
der CSU-Mann freilich viel Geld, mehr als alle Vorgänger, für
Verkehrsprojekte beim ansonsten knauserigen Bundeskassenwart Wolfgang
Schäuble losgeeist. Die gute Konjunktur und niedrige Zinsen machten
es leichter. Dobrindt kann damit wirklich gestalten, die Weichen in
der Verkehrspolitik neu stellen und vor allem Versäumnisse der
Jahrzehnte zuvor etwas mildern. Ob sich all das allerdings für
Dobrindts weitere politische Karriere als förderlich erweisen wird,
ist fraglich.
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