Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur Verschärfung des bayerischen Verfassungsschutzgesetzes

Hoher Preis

von Christine Schröpf

Einfach durchregieren, notfalls mit dem Kopf durch die Wand
brechen, scheint aktuell die Losung der CSU – um hinterher empört zu
reagieren, wenn die selbst mit guten Verbesserungsvorschlägen
abgeblitzte Opposition ihre einzig verbliebene Waffe zückt: die Klage
vor dem Verfassungsgericht. Die CSU hat dieses Ritual bei der Reform
des Verfassungsschutzgesetzes soeben bis ins Detail durchexerziert.
In Kürze wird sie das Schauspiel beim neuen Integrationsgesetz ein
weiteres Mal auf die Bühne bringen. Angesichts der
Mehrheitsverhältnisse im Landtag ist das natürlich machbar, zu
bestmöglichen Ergebnissen aber führt es nicht. Die CSU wird
angesichts von Terror und Extremismus vom Wunsch nach mehr Sicherheit
getrieben. Das ist verständlich. Die Erfahrung lehrt aber, dass
Anschläge auch bei größtmöglicher Überwachung nur schwer zu
verhindern, bestenfalls im Nachhinein leichter aufzuklären sind.
Insofern ist das neue Gesetz bestenfalls ein Beruhigungspflaster,
dass das eigene Wählerklientel in falscher Sicherheit wiegt. Die CSU
ist bereit, dafür die Rechte des Verfassungsschutzes bis zum maximal
Möglichen auszudehnen. Die Bürger in Bayern zahlen dafür einen sehr
hohen Preis – auch wenn die Mehrheit das aktuell nicht glauben mag.
Ein Trugschluss. Mit ein wenig Pech kann jeder rasch selbst in den
Fokus der Ermittler und damit in unerwünschte Erklärungsnöte geraten.
Selbst vor Kindern macht der Verfassungsschutz künftig nicht Halt.
Eine schleichende Radikalisierung soll so aufgedeckt werden. Doch wer
glaubt ernsthaft, dass sich Fälle wie der Messerangriff einer
15-Jährigen auf einen Polizisten in Hannover mit einer Überwachung
von Kindesbeinen an verhindern lässt?

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