Der Kreml-Chef versteht nur eine deutliche
Sprache. Der Westen muss ihm daher klare Grenzen aufzeigen.
Barack Obama steht in der Ukraine vor der größten außenpolitischen
Herausforderung seiner Amtszeit. Auf dem Spiel steht dabei nicht nur
die Bewahrung des Friedens im Herzen Europas. Von der Antwort des
US-Präsidenten auf die Provokation Russlands hängt vor allem die
Glaubwürdigkeit der westlichen Allianz ab. Für Obama ist das eine
Gratwanderung, weil es keine militärische Option gibt. Nicht einmal
seine Kritiker daheim verlangen ernsthaft, dass der Präsident mit dem
Säbel rasselt. Russland ist nicht Syrien oder Libyen, sondern eine
Atommacht, die über Tausende Nuklearsprengköpfe verfügt. Ganz zu
schweigen von dem Vorteil, den das Nachbarland der Ukraine mit seiner
Landstreitmacht hat. Nüchtern betrachtet lässt sich Moskau
militärisch nicht daran hindern, seine Interessen auf der Krim oder
im überwiegend von Russen besiedelten Ostteil der Ukraine
durchzusetzen. Aber der Führer der freien Welt kann und muss Wladimir
Putin unmissverständlich die anderen Konsequenzen seines Tuns
aufzeigen. Wenn den Liebhaber fernöstlicher Kampfsportarten etwas
beeindruckt, dann die Demons-tration von Willensstärke. Obama hat
dafür verschiedene Optionen. Politisch kann er versuchen, Russland
auf der Weltbühne zu isolieren. Die Suspendierung der
G-8-Mitgliedschaft wäre ein deutliches Signal. Trotz der Veto-Macht
Moskaus sollten die USA im Weltsicherheitsrat alle anderen Mitglieder
zu einer Verurteilung der Aggression in der Ukraine bewegen.
Gleichzeitig könnte Washington auf eine Ausweitung der
OSZE-Beo-bachtermission drängen. Wirtschaftlich sollten sich die
Amerikaner für ein dickes (IWF-)Hilfepaket für die Ukraine stark
machen. Die von John Kerry in Kiew zugesagte Milliarde an
Soforthilfen ist ein guter Anfang, doch bei weitem nicht genug.
Parallel dazu macht es Sinn Russland die Sanktions-Werkzeuge zu
zeigen, die der Wirtschaft schmerzhaften Schaden zufügen können. Der
Abbruch der Handelsgespräche ist der richtige Anfang. Gefolgt von
zielgerichteten symbolischen Sanktionen gegen die Eliten in Moskau,
die für die Aggression gegen die Ukraine verantwortlich sind. Richtig
ernst wird es, wenn die USA russische Auslandsvermögen einfrieren
oder für Einschränkungen im internationalen Zahlungsverkehr sorgen.
Diese Finanzsanktionen hatten sich bereits gegenüber Iran als sehr
effektiv bewährt. Für eine glaubwürdige Antwort auf den kalten
Krieger in Moskau braucht der US-Präsident vor allem die
Unterstützung starker Bündnispartner. Obama kann nur führen, wenn die
Europäer ihre Prinzipien nicht Energie- und Handelsinteressen
unterordnen. Hier liegt das größte Problem der Amerikaner, die
Deutschland und andere Partner überzeugen müssen, dass eine härtere
Gangart notwendig ist. Anders als die USA riskieren die Europäer mit
Sanktionen ihr eigenes wirtschaftliches Wohlergehen. Das
Handelsvolumen der EU-Staaten mit Russland ist mehr als elfmal so
groß wie der Warenaustausch zwischen Amerikanern und Russen. Zudem
hängt der Westen Europas am Gashahn des östlichen Nachbarn. Wer Obama
dafür kritisiert, unentschlossen zu sein, darf diese Realitäten nicht
aus dem Auge verlieren. Im Fall der Ukraine lag es gewiss nicht an
der Bereitschaft Washingtons, schon früher eine klare Kante zu
zeigen. Nichts beschreibt dies anschaulicher als die
„Fuck-the-EU“-Affäre um die Europa-Beraterin des Präsidenten Victoria
Nuland, die sich in dem mitgeschnittenen Gespräch unflätig über das
Zögern Brüssels in der Sanktionsfrage geäußert hatte. Auch jetzt geht
es um Zeit. Putin muss so schnell wie möglich deutlich gemacht
werden, was er mit einer Eskalation riskiert. Er mag den Preis
vielleicht in Kauf nehmen, steht dann aber einsam auf weiter Flur.
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