Haben Sie auch Post von Ihrer Bank bekommen? Die Gebühren für
die Kontoführung werden angehoben beziehungsweise überhaupt eingeführt. Die
Preise für Dienstleistungen des Geldinstituts steigen, die Konditionen werden
allerorten verschärft. Das sind die Folgen eines scharfen Anpassungsprozesses,
dem die Geldhäuser in diesen Tagen ausgesetzt sind. Ein Teil dieses Prozesses
hat seinen Ursprung in Frankfurt, dem Sitz der Europäischen Zentralbank EZB.
Besonders in Deutschland bezieht sie dafür mächtig Prügel. Daran wird sich auch
nichts ändern, wenn nun Christine Lagarde statt Mario Draghi die Zügel in der
Hand hält. Ja, die EZB hat sich auf einen Pfad begeben, von dem sie keinen
Ausweg mehr findet. Nein, sie tut das nicht, um den deutschen Sparer zu
plündern. Diese These gehört zum argumentativen Schlammbad nationalistischer
Verschwörungstheoretiker. Nun haben wir Deutschen uns das Sparen als eine der
besten Tugenden von Kindesbeinen an eingebläut. Über die Sinnhaftigkeit des
eisernen Geldhortens kann man streiten. Denn mit Sparen statt Investieren im
falschen Augenblick kann man sich großer Chancen berauben. Da stehen wir uns
manchmal mit einer Tradition im Weg, die ja ihren Ursprung auch darin hat, dass
man dem Bürger revolutionäre, vor allem sozialistische Anwandlungen im Ansatz
austreiben wollte. Wer etwas hat, ist nicht geneigt, es zu riskieren. Sparen ist
bewahrend, das gilt auch im politischen Sinn. Der EZB kann man gewiss nicht
unterstellen, mit der Abschaffung des Zinses die Bürger zu Revolutionen
anstiften zu wollen. Im Gegenteil. Sie will verzweifelt den Status Quo erhalten,
indem sie die Wirtschaft am Laufen hält. Die Nebenwirkungen spüren die Bürger
auf Schritt und Tritt. Wer weiter vor allem auf die vermeintlich sicheren
Sparformen setzt, was die meisten in Deutschland tun, gibt eigentlich ständig
Geld aus, ohne etwas dafür zu bekommen. Denn die Rendite nach Inflation ist
negativ. Alte Sparverträge, die realen Zuwachs einbrachten, kündigen die Banken
gerade reihenweise. Die Auszahlungsprognosen von Lebensversicherungen gehen
jedes Jahr nach unten. Wer Öl und Benzin kauft, zahlt mehr, weil die Nullzinsen
den Euro schwächen. Dieser Effekt macht sich auch bei Urlaubsreisen ins Ausland
außerhalb des Euros bemerkbar. Andererseits, wer investiert und Schulden macht,
hat es leicht. Die Banken tragen Immobilienkäufern das Geld regelrecht
hinterher, um es nur ja nicht teuer bei der EZB deponieren zu müssen. Bedenklich
stimmt bei der Politik der EZB, dass sie eine, seit zehn Jahren währende,
Krisenpolitik betreibt, obwohl keine konjunkturelle Krise mehr herrscht. Folgt
man der Logik der Währungshüter, dann würde die Wirtschaft ohne das ständige
massenhafte Drucken von Geld sofort kläglich abschmieren. Damit schürt sie
Befürchtungen, dass gar nichts in Ordnung ist. Und hält möglicherweise
Unternehmen davon ab zu investieren, weil dem Frieden nicht zu trauen ist.
Jedenfalls haben Unternehmen in Europa trotz des Dauerbooms nur wenig in die
Zukunft investiert. Und was unternimmt die EZB denn noch, wenn die Konjunktur,
wie sich gerade abzeichnet, wirklich abschmiert? Eine Nebenwirkung des
EZB-Füllhorns war auch, dass die Regierungen in Europa selbst ohne besonders
agile Wirtschaftspolitik gut über die Runden kamen. Das kann sich jetzt rächen.
Wie die Unternehmen hat auch der Staat wenig in die Zukunft investiert. Ein
Beispiel unter vielen: Wir beklagen uns über die Österreicher wegen der
Blockabfertigung für Lkw, anstatt selbst endlich die Bahnlinien zum
Brenner-Basistunnel zu bauen. Österreich hat sich an die Abmachungen gehalten
und gebaut. Deutschland nicht. Stattdessen lassen wir uns und die Nachbarn in
der Lkw-Flut ersticken.
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