Mitteldeutsche Zeitung: Ausgaben Ostdeutsche Bundesländer können ihre Ausgaben nur zu einem Drittel aus eigenen Steuereinnahmen decken

Die ostdeutschen Länder können ihre Ausgaben auch
fast 22 Jahre nach der deutschen Einheit nur zu einem Drittel aus
eigenen Steuereinnahmen decken. Das geht nach einem Bericht der in
Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“ (Donnerstag-Ausgabe)
aus aktuellen Abrechnungen des Bundesfinanzministeriums für 2011
hervor, die dem Blatt vorliegen. Danach lag die sogenannte
Steuerdeckungsquote 2011 in den ostdeutschen Flächenländern bei 32,4
Prozent, während sie in den westdeutschen Flächenländern 80,7 Prozent
betrug. Nach dem Länderfinanzausgleich schmolz die Differenz auf 72,6
Prozent im Westen und 53,8 Prozent im Osten. In den Stadtstaaten lag
die Steuerdeckungsquote vor dem Länderfinanzausgleich bei 41,5
Prozent. Sie drückt das Verhältnis der Steuereinnahmen zu den
Ausgaben aus. Der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen
Länder, der Parlamentarische Staatssekretär Christoph Bergner (CDU),
betonte, er kenne die Zahlen nicht, räumte aber grundsätzlich ein:
„Die Steuerkraft ist nach wie vor eine Herausforderung. Wir wollen
auf eigenen Füßen stehen. Davon sind wir weit entfernt.“
Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) sagte der
„Mitteldeutschen Zeitung“: „Mich überrascht die Zahl nicht. Denn die
originäre Steuerschwäche des Ostens ist bekannt.“ Die Ostländer
müssten weiter besonders sparen. Der stellvertretende Vorsitzende der
Linksfraktion, Dietmar Bartsch, erklärte: „Ohne den
Länderfinanzausgleich sowie Mittel aus dem Solidarpakt und von der EU
sind die neuen Länder nicht lebensfähig. Die Versprechungen aus den
90er Jahren, wonach sie eine eigenständige Entwicklung nehmen würden,
haben sich nicht bewahrheitet.“ Er forderte als Gegenmittel auch
Steuererhöhungen. „Wenn wir nicht dahin kommen, die Steuersätze zu
erhöhen, dann wird es auf Dauer einige Leuchttürme und viele
abgehängte Regionen geben“, betonte Bartsch. „Letztere werden
meistens im Osten sein.“ Der langjährige Leiter des Instituts für
Wirtschaftsforschung in Halle, Ulrich Blum, nannte die ostdeutsche
Steuerdeckungsquote von 32,4 Prozent „realistisch“ und führte sie
unter anderem auf die geringeren Einkommen, den Mangel an
Konzernzentralen und den nahezu kompletten Ausfall der
Erbschaftssteuer zurück. Im Jahresbericht zum Stand der deutschen
Einheit wird die Steuerdeckungsquote für 2010 mit 49,5 Prozent
angegeben; es fehlt jedoch der Hinweis, dass der
Länderfinanzausgleich darin schon eingerechnet ist.

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Hartmut Augustin
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