Mitteldeutsche Zeitung: Bundeswehr Meuterei auf der „Gorch Fock“ nach dem Tod einer Offiziersanwärterin im November letzten Jahres

Auf dem Segelschulschiff „Gorch Fock“ ist es nach
dem Tod einer Offiziersanwärterin am 7. November letzten Jahres
offenbar zu einer Meuterei gekommen. Das berichtet die in Halle
erscheinende „Mitteldeutsche Zeitung“ (Donnerstag-Ausgabe) unter
Berufung auf einen Brief des Wehrbeauftragten des Deutschen
Bundestages, Hellmut Königshaus, an den Verteidigungsausschuss. Dem
Brief zufolge „wollten unmittelbar nach dem schmerzhaften Verlust der
Kameradin viele nicht mehr aufentern, andere wollten nicht mit der
Gorch Fock weiterfahren. Auch sei eine Diskussion mit den
Vorgesetzten entbrannt, inwiefern der Unfalltod auf dem
Ausbildungsschiff mit dem Tod eines im Einsatz gefallenen Soldaten
vergleichbar sei“. Den meuternden Offiziersanwärtern sei daraufhin
„seitens des Kommandanten und des Ersten Offiziers mangelhafte
Zusammenarbeit mit der Schiffsführung unterstellt worden“. Sie
sollten „wegen Meuterei zurück nach Deutschland geflogen werden“. Des
Weiteren ist in dem Brief von massivem Druck der Ausbilder auf
Offiziersanwärterinnen und Offiziersanwärter hinsichtlich des
Aufenterns (in die Takelage des Schiffes klettern) die Rede. Ihnen
sei gedroht worden, dann nicht mehr Offizier werden zu können. Auch
seien Sätze gefallen wie: „Wenn Sie nicht hochgehen, fliegen Sie
morgen nach Hause“, oder: „Geben Sie Gas, stellen Sie sich nicht so
an“. In einem Fall sei ein Offiziersanwärter mit ausgeprägter
Höhenangst dazu gebracht worden, auf den höchsten Mast aufzuentern,
obwohl er eigentlich nicht wollte. Die Offiziersanwärterin Sarah
Lena Seele war am 7. November 2010 beim Aufentern vom Mast gefallen.
Auch nach dem Unfall sei der Druck auf die Offiziersanwärter
teilweise aufrecht erhalten worden, schreibt Königshaus. Schließlich
berichtet er in dem Brief von einem Fall sexueller Belastung auf der
„Gorch Fock“. In allen drei Fällen hat der Wehrbeauftragte den
Inspekteur der Marine um Überprüfung gebeten. Das Schiff war nach dem
Unfall nach Hause zurückgekehrt.

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Hartmut Augustin
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