Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses,
Wolfgang Bosbach (CDU), hat davor gewarnt, dass das
Bundesverfassungsgericht dem Bundestag eine Wahlrechtsreform
vorschreiben könnte, wenn er sich selbst nicht rechtzeitig auf eine
Reform einigt. „Wir stehen unter Erfolgsdruck, wir stehen aber auch
unter Zeitdruck“, sagte er der in Halle erscheinenden
„Mitteldeutschen Zeitung“ (Online-Ausgabe) mit Blick auf die
aktuellen Streitigkeiten. „Denn es besteht ja die Gefahr, dass das
Bundesverfassungsgericht die Sache bei einer Nichteinigung selbst in
die Hand nimmt. Das wäre eine Blamage für den Bundestag und auch für
die jetzige parlamentarische Mehrheit.“ Der CDU-Politiker fügte
hinzu: „Ich glaube nicht, dass es uns praktisch möglich sein wird,
den gerichtlich gesetzten Termin einzuhalten. Aber wir müssen
wenigstens noch vor der Sommerpause mit einem Gesetzgebungsverfahren
beginnen. Dann würde das Gericht sehen, dass es weitergeht. Die
Hängepartie können wir nicht bis in den Herbst fortsetzen.“ Die
jüngste Kritik von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der es
„ärgerlich“ und „peinlich“ genannt hatte, dass der Bundestag nicht
innerhalb der gesetzten Frist von zwei Jahren zu einer Reform kommt,
kommentierte Bosbach mit den Worten: „Der Bundestagspräsident hat
Recht. Das Bundesverfassungsgericht hat uns eine großzügige Frist
gewährt. Wir standen ja kurz vor einer Einigung, bis die FDP beim
zweiten Hinsehen gemerkt hat, dass die Lösung für sie Nachteile
hätte. Deshalb fangen wir jetzt wieder von vorne an.“ Das
Bundesverfassungsgericht hat die Möglichkeit, per Anordnung ein neues
Wahlrecht in Kraft zu setzen, bis der Bundestag ein Wahlrecht
beschließt. Allerdings müsste eine solche Anordnung vorher,
beispielsweise von einer Oppositionsfraktion, beantragt werden.
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